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Band 29 - thule-italia.net

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»Sprachst du mit irgend Jemand schon davon?«<br />

»Nein.«<br />

»Warum nicht?«<br />

»Ich schwieg, weil das mit meinem Zweck zusammenhängt, doch dachte ich sehr oft darüber nach. Ich<br />

wollte an demselben Mondestag mich wieder dorthin an die Ecke setzen, um zu erfahren, ob sie kommen<br />

würden.«<br />

»Schakara!« rief ich da aus.<br />

»Was, Effendi? Worüber bist du so überrascht?«<br />

»Daß du so deutlich ahnst! Daß das in dir so klar am Tage liegt, was ich aus der Verborgenheit mit aller<br />

Mühe zerre! Du sollst die Seele sein und bist sie wirklich! Dschanneh, Dschanneh, die sicherer empfindet<br />

und überzeugender das Ferne schaut, als es dem Geist, dem stolzen, möglich ist!«<br />

»Dschanneh?« fragte sie. »Hast du dieses Wort von Marah Durimeh gehört? Es ist mein Kosename. So<br />

nannte sie mich stets, wenn sie mich zärtlich, lobend an sich zog und mir das Haar mit Mutterlippen<br />

küßte.«<br />

»Wirklich? Wirklich? Kosename? Mein Kind, wenn Marah Durimeh in solchem Augenblick dir einen<br />

Namen gibt, so liegt in diesem Kosen tiefste Wahrheit. Man ruft dich "Schakara", damit du "dankbar" seist.<br />

Wofür? Nicht nur Dschanneh zu heißen, es wirklich auch zu sein!«<br />

»Ich verstehe dich nicht, Effendi, und doch fühle ich, daß du nichts Falsches sagst. Ich sprach von meiner<br />

Wiederkehr nach jener Ecke dort. Ich wollte gern erfahren, ob sich in dieser Mäjmä-i-Yähud vielleicht ein -<br />

--«<br />

»Mäjmä-i-Yähud?« unterbrach ich sie schnell. »Sonderbar, höchst sonderbar! Wie kommst du auf diesen<br />

Namen für grad diese Etage?«<br />

»Ich weiß es nicht. Ich halte sie dafür. Das kommt mir so empor und auf die Zunge!«<br />

»Ja, ich verstehe. So muß es sein! Du ahnst und darfst nicht ahnen! Dschanneh, Dschanneh, das unbewußte<br />

Wissen! Wir gehn gleich jetzt nach dieser deiner Ecke und setzen uns dort nieder. Ich habe zu erzählen. Du<br />

wirst sie kommen sehen, am hellen Tageslicht, die Schatten alle und zuletzt die Männer, die du des Nachts<br />

damals gesehen hast.«<br />

Wir gingen hin. Es gab jetzt nicht Mondes- sondern Sonnenschatten dort. Ein großer, niedriger Stein lag da;<br />

der diente uns als Bank. Ich begann meinen Bericht da, wo ich am Tigris die Sillan belauscht und zum<br />

ersten Male das Wort Mäjmä-i-Yähud gehört hatte, und berichtete ihr Alles, was dann geschehen war und<br />

bestimmt zu sein schien, grad mich, den Fremden, den eigentlich ganz Unbeteiligten, als den gefährlichsten<br />

Feind der Schatten heranzuziehen. Sie hörte still zu, ohne Unterbrechung, wie das so ihre liebe, verständige<br />

Weise war. Als ich geendet hatte, holte sie tief Atem und sagte:<br />

»Effendi, liegt nicht in dem Allen ein fester, zielbewußter und sicher vorwärtsschreitender Wille? Kein<br />

Fatum, kein Kismet, sondern eine Führung, eine Oberleitung, welche zwar dich erkoren hat, ihre Absichten<br />

auszuführen, aber dir doch jeden möglichen Spielraum für deine eigenen Gefühle, Gedanken und<br />

Entschlüsse läßt? Wer hat dies angeord<strong>net</strong>, und wer sind all die Guten, Mächtigen, die dich in jeder Not<br />

beschützen und stetig dafür sorgen, daß deine Augen immer weiter und immer klarer sehen dürfen? Du<br />

gehst den Weg, den du den deinen nennst; er ist es auch, jedoch zugleich der ihre. Weich ja nicht von ihm

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