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Band 29 - thule-italia.net

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führte; sie hatte den Eisenriegel vorgeschoben und eine Pistole in der Hand. Am Boden stand eine<br />

brennende Lampe, daneben lagen die Kleider des Bluträchers. Auf dem Hofe brüllten viele Stimmen<br />

drohend durcheinander. Kara's Schüsse krachten. Er beschützte von oben herab die Stufen zu der Halle. Ich<br />

warf das Licht weg, weil es mich hinderte, lud das Gewehr und erkundigte mich während dieser höchst<br />

eiligen Beschäftigung bei der Kurdin:<br />

»Wie kamst du dazu, bewaff<strong>net</strong> zu sein und die Flucht der Gefangenen zu entdecken?«<br />

»Frage das später!« antwortete sie. »Horch! Die Glocken klingen! Nun erwachen alle unsere Krieger. Da ist<br />

die Gefahr für das hohe Haus vorüber. Die Feinde können jetzt weiter nichts mehr tun, als schleunigst<br />

fliehen. Lehre sie die Stimme deines Gewehres kennen!«<br />

Sie schob den Riegel zurück und öff<strong>net</strong>e die Thür. Grad als ich hinaus in die dunkle Halle trat, kam Hanneh<br />

von oben herab.<br />

»Mein Halef, mein Halef!« rief sie aus. »Wenn er die Schüsse hört, so wacht er auf und wird sich tief<br />

erregen!«<br />

Sie eilte zu ihm hin. Ich aber bemerkte zu meiner Beruhigung, daß kein Fremder hier eingedrungen war.<br />

Sie waren schon fast alle zum Tore hinaus, und ich schickte ihnen mehrere Schüsse nach, doch nur in der<br />

Absicht, sie zu beängstigen, nicht aber, sie zu treffen.<br />

»Verteilt euch schnell, schnell!« hörte ich die Stimme des Bluträchers brüllen. »Nur euch nicht wieder<br />

ergreifen lassen! Nur rasch zum Dorfe hinaus! Wir kommen ja doch wieder. Dann aber Rache, Rache!«<br />

Die Glocken klangen weiter, in einzelnen, warnenden Schlägen. Im Küchengarten krachten jetzt auch<br />

Schüsse. Das war, wie ich später erfuhr, Tifl, der dort hinter den Sträuchern stand. Die übrigen männlichen<br />

Bewohner des Hauses erschienen, und unten im Dorfe begannen die Gewehre laute Antwort zu geben. Wo<br />

aber war der Pedehr? Und wo waren die Wachen, die drüben am Gefängnistore gestanden hatten? Ich sah<br />

sie nicht.<br />

Da hörten die Glocken auf, zu stürmen, und der Ustad kam zu uns herab. Er traf mit dem Händler aus<br />

Isphahan und dessen Sohn zusammen, die sich nun auch einfanden. Ich bat, Fackeln anbrennen und vor<br />

allen Dingen das Tor wieder verschließen zu lassen. Als das geschehen war, ließ ich die Leute<br />

zusammenrufen. Man tat dies mit einer Hast, als ob es nun erst gelte, das zu verhüten, was doch bereits<br />

vorüber war. Die Aufregung hatte alle ergriffen, sogar den Ustad auch. Ich aber war gewohnt, mir in jeder<br />

Lage meine innere Ruhe zu bewahren, und konnte mich höchstens darüber wundern, daß der Pedehr sich<br />

noch immer nicht sehen ließ. Als ich nach ihm fragte, war es Schakara, welche antwortete:<br />

»Ich sah ihn zu den Gefangenen hinübergehen, und er kam nicht wieder,« sagte sie.<br />

»Wo warst du, als du das bemerktest?« erkundigte ich mich.<br />

»Hier in der Halle. Ich wünschte, daß Hanneh und Kara schlafen möchten, und bat darum, bei Hadschi<br />

Halef wachen zu dürfen. Das gewährten sie mir.«<br />

»Du immer Gute und stets Opferfertige!« unterbrach ich sie. »Was wollte denn der Pedehr so mitten in der<br />

Nacht bei diesen Fremden?«<br />

»Das weiß ich nicht. Er sprach gar nicht mit mir, wohl weil er mich nicht sah. Als er so gar nicht<br />

wiederkehrte, wurde ich besorgt um ihn und ging hinaus auf die Stufen. Da sah ich das Tor des<br />

Gefängnisses offen, und die Soldaten kamen leise heraus. Ich erschrak so, daß ich kein Wort hervorbrachte,<br />

und doch war Hilfe nötig. Darum eilte ich in das Innere des Hauses und holte die Pistole des Pedehr, die

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