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Band 29 - thule-italia.net

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Hunderttausende daraus, doch allen war der Trank nichts als nur Wasser. Die Schale täuschte alle! Ich hatte<br />

es den Menschen zu bequem gemacht. Man trank gedankenlos und lachte mich dann aus. Das ist der große<br />

Fehler, den ich mir vorzuwerfen habe, weiter nichts! Der Sterbliche trinkt lieber Sumpfwasser aus goldenen<br />

Gefäßen, als Himmelsnektar aus nur irdenen. Da stieg in mir ein heißes Wallen auf. Es griff ein heiliger,<br />

wenn auch stiller Zorn in meine Seele. Nicht daß ich diese irdenen Gefäße nun zertrümmerte, o nein! Ich<br />

nahm mir vor, nun goldene zu geben, doch mit demselben Trank, den man für Wasser hielt. Ich habe mir<br />

das Gold dazu auf diesem Ritt geholt, der mich zum geistigen Haupt der Dschamikun geführt. Du ahnst<br />

wohl nicht, wo ich hier suchte und wo ich es fand. Von heute an werde ich im "hohen Hause" schreiben ---<br />

ganz anders als bisher. Und hat man es erkannt, wie thöricht man einst war, so wird man dann zurück nach<br />

jenen Schalen greifen, die man zur Seite stellte. Dann leben meine alten Werke auf. Man wird sie mit ganz<br />

andern Augen lesen; die Seele tritt hervor, die tief in ihnen lebt. Und wenn man erst den Geist erkennt, der<br />

mir die Feder gab, dann wird sie dieser Geist in alle Häuser tragen, in denen sie bisher noch nicht zu sehen<br />

waren. --- Nun sage mir, o Ustad, ob ich mich für gestorben halten muß!«<br />

Da streckte er mir beide Hände entgegen. Ich sah, daß seine Augen feucht waren, indem er zu mir sprach:<br />

»Sihdi, nicht hier will ich dir sagen, was ich erkennen muß! Wir gehn hinauf zu dir. Doch sage vorher, was<br />

mit dem Briefe war, den du uns zeigen wolltest!«<br />

»Er ist nun dein,« antwortete ich.<br />

»Mein?« fragte er verwundert.<br />

»Ja. Er steckt ja dort in deiner Satteltasche.«<br />

»In -- meiner -- meiner -- Satteltasche!« wiederholte er lächelnd meine Worte. »Also du hast mit diesem<br />

Geschenke gewiß und wirklich Ernst gemacht?«<br />

»Ja! Es war Ernst. Ich habe dir nichts geschenkt. Du hast mich nur befreit. Soll vielleicht ich nach diesem<br />

Briefe suchen?«<br />

»Thue es! - Dann gehen wir hinüber in mein Zimmer.«<br />

Ich fand das Schreiben, dessen sich der Leser wohl noch erinnern wird. Ich gab es dem Ustad und ging<br />

dann hinaus, ohne mein bisheriges Eigentum noch einmal anzusehen. Da sagte der Ustad, indem sie mir<br />

beide folgten:<br />

»Effendi, du lässest deine Berühmtheit hier zurück. Willst du fortgehen, ohne auch nur noch einen einzigen<br />

Blick auf sie zu werfen?«<br />

»Ja,« antwortete ich. »Berühmt! Kennst du diese Art von Berühmtheit? Sie ist dämonischer Natur. Soll sie<br />

deine Freundin sein, so verzichte auf dich selbst, und gieb ihr deinen Geist und deine ganze Seele hin!«<br />

»Wie wahr, wie wahr du sprichst!« stimmte er mir bei. »Ich kenne sie. Sie war nicht nur meine Freundin;<br />

sie war mir mehr, viel mehr. Und was hat sie von mir gefordert! Welche Opfer habe ich ihr gebracht!<br />

Jedem Laffen hatte ich mich vor die Füße zu werfen und vor jedem hohlen Kopfe mich zu verbeugen!<br />

Jedem Narren mußte ich gefällig sein, um sie nur nicht zu schädigen, und jeden Dünkel mir gefallen lassen,<br />

damit er ihr ja nicht gefährlich werden könne. Meine Tasche mußte für jede Thorheit offen sein, und wenn<br />

der Unverstand mich auch mit tausend Albernheiten plagte, ich hatte stillzuhalten nur um ihretwillen. Der<br />

Neid stand Tag und Nacht vor mir mit seinen Argusaugen; die Mißgunst schlich mir nach auf allen Wegen,<br />

und wo ich mich zur Ruhe setzen wollte, saß schon die Scheelsucht da und jagte mich von dannen. Ich<br />

durfte nicht so sprechen, wie ich wollte, und was ich schrieb, das wurde von der Feindschaft falsch<br />

gedeutet. Ich habe viel verloren, was ich jetzt schwer beklage, doch daß ich zu dem allen auch sie verlor,

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