Band 29 - thule-italia.net
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»--- will dir ganz offen sagen, daß die Sache anders gewesen ist, als ich dir erzählt habe. Es muß vom<br />
Herzen herunter, sonst halte ich es nicht aus! Mein Aschyk ist nämlich nicht nur alle Monate gekommen,<br />
sondern ---«<br />
Da unterbrach ich sie:<br />
»Laß das jetzt, Pekala! Ich wünsche nicht, daß du dir wehe tust.«<br />
»Ich soll es dir nicht erzählen?«<br />
»Nein.«<br />
»Aber da bringe ich es doch nicht herunter und kann heute Nacht wieder nicht schlafen!«<br />
»Doch, doch! Es ist nämlich genau so gut, als ob du es erzählt hättest. Der Ustad und ich verzeihen es dir.<br />
Wenn wir es einmal wissen wollen, werden wir dich schon selbst fragen. Dann aber mußt du uns freilich<br />
die volle Wahrheit sagen, keine Lüge mehr!«<br />
Da wurden ihre Aeuglein wieder klar; das Näslein verlor die Lust, sich kummerfeucht zu zeigen, und sie<br />
antwortete schnell:<br />
»Lüge? Nie wieder, nie, niemals! Wir sind wahrscheinlich selbst auch belogen worden, besonders vom<br />
Scheik ul Islam, der gesagt hat, daß er bloß sein Schreiber sei!<br />
Von ihm hat mir mein Aschyk eine Schlechtigkeit mitgeteilt, die ganz unerhört ist!«<br />
»Ich denke, er hat gar nicht viel mit dir gesprochen!«<br />
»Das ist auch wahr, aber dieses doch! Denke dir, dieser armselige Scheik des Islam hat behauptet, meine<br />
Nase sei zu klein, mein Maul zu groß und mein Gang wie Elefantentrab! Der soll mir einmal<br />
wiederkommen! Ich warte schon darauf! Was so eine Lüge anrichtet, das glaubst du gar nicht, Effendi! Ich<br />
habe diesen ganzen Tag daran denken müssen und mich vor Aerger wenigstens hundertmal vergriffen.<br />
Dem Pedehr habe ich seinen Kaffee nicht von Bohnen, sondern von Pfefferkörnern gekocht. Denke dir sein<br />
Gesicht, als er trank! Den Leuten habe ich Salz anstatt Zucker in die Limonada [Limonade] geschüttet! Und<br />
in dem Eierkuchen, den ich für mich selbst gebacken habe, fand ich einen Strang schwarzen Nähzwirn, vier<br />
Knöpfe und eine bleierne Flintenkugel. Ist das nicht geradezu fürchterlich, was solche Lügen für<br />
schreckliche Folgen haben? Meine Nase zu klein! Wenn dieser Mensch sich wiedersehen läßt, bekommt er<br />
den ganzen Eierkuchen ins Gesicht, den ganzen, gleich auf einmal! Ich hebe ihn mir auf! Der liegt bereit,<br />
alle Tage, und schwapp, da hat er ihn!«<br />
Sie machte mir mit den Händen die betreffende Bewegung vor. Ich mußte lachen; sie aber meinte es ernst.<br />
Der Aschyk schien seine Pekala zu kennen. Er hatte dem Scheik ul Islam diese Sünden gegen die weibliche<br />
Schönheit in den Mund gelegt und damit mehr erreicht, als er durch alle möglichen Warnungen und<br />
Ermahnungen hätte erreichen können. Ich durfte überzeugt sein, daß sie den frommen Herrn niemals<br />
wieder um eine Naddara bitten werde! Sie fuhr fort:<br />
»Nur den Lügen dieses Scheik ul Islam ist es zuzuschreiben, daß mein Tifl fortgegangen ist, obgleich ich<br />
ihm so gute Worte gab, bei uns zu bleiben. Er hatte ihm weißgemacht [weisgemacht], hier bei uns werde er<br />
es doch zu nichts bringen; wenn er aber mit ihm gehe und beim Rennen den Kiss-y-Darr (*<br />
»Schundroman«.) reite, werde er sofort unter die Aeltesten der Taki-Kurden aufgenommen; in einem Jahre<br />
könne er schon Scheik geworden sein, und dann werde sich kein Ustad mehr weigern, die Dschamikun<br />
durch einen Bund mit den Taki-Nachbarn so mächtig zu machen, daß sich kein Feind mehr an sie wagen<br />
könne.«