Band 29 - thule-italia.net
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Schakara freute sich, als wir kamen. Sie sagte, daß sie bereits begonnen habe, um uns besorgt zu werden.<br />
Als Kara mich fragte, ob er ihr Alles erzählen dürfe, sagte ich, daß dies ganz selbstverständlich sei, forderte<br />
ihn aber auf, gegen Jedermann sonst zu schweigen. Dann ging ich hinauf zu mir, brannte die Lampe an und<br />
setzte mich an den Tisch, um die Zeichnung der beiden Bassins jetzt sofort anzufertigen. Die Eindrücke<br />
waren jetzt so frisch, daß ich fast jede Einzelheit in größter Deutlichkeit vor mir sah, und als ich fertig war,<br />
konnte ich überzeugt sein, mich um keinen einzigen Meter geirrt zu haben. Es galt nur noch morgen am<br />
Tage diese Grundebene mit der Neigung des äußern Terrains in Einklang zu bringen.<br />
Ganz von selber versteht es sich, daß die unverlöschlich tiefen Bilder, welche ich mit nach Hause gebracht<br />
hatte, mich noch auf das Lebhafteste beschäftigten, als ich mich hierauf zur Ruhe legte. Der Schlaf wollte<br />
nicht kommen, und als er sich endlich doch einstellte, nahm er sie mit in jenes seelische Gebiet hinein,<br />
welches für uns noch im Geheimen liegt und mit dem Verlegenheitsnamen Traumwelt bezeich<strong>net</strong> wird.<br />
Ich träumte, und zwar mit einer Lebhaftigkeit und Deutlichkeit, als ob ich nicht schlafe, sondern wache.<br />
Und ich träumte sonderbarer Weise, daß ich nicht ich, sondern der Ustad sei. Ich war völlig identisch mit<br />
ihm und kannte jede verflossene Minute seines Lebens und jedes Wort, welches er geschrieben hatte. Und<br />
das verwischte sich nicht; das blieb auch nach dem Traume. Sein Inhalt war folgender:<br />
Ich kam als Ustad in das Land der Dschamikun und sah die Bauten hier am Berge liegen. Ich nahm ihr<br />
Aeußeres in Augenschein, und was ich dabei sah, das ließ den Wunsch in mir erwachen, auch mit dem<br />
Innern genau bekannt zu werden. Ich fragte Jemand, wo der Eingang sei. Da sah er mich mit kalten Augen<br />
an und sprach:<br />
»Ich bin kein Dschamiki. Ich bin der Geist, der jeden Nahenden vor der Versuchung warnt, den kühnen<br />
Schritt in diesen Bau zu lenken. Wer ihn betritt, der hat für alle Ewigkeit auf sich, auf Leib und Geist und<br />
Seele zu verzichten. Wer das nicht tut, verläßt ihn niemals wieder, nicht lebend und nicht tot. Die Schatten<br />
dulden nicht, daß sie verraten werden.«<br />
»Die Schatten?« lachte ich. »Wo ist der wesenlose, impotente Sill, der eine wirkliche Persönlichkeit wohl<br />
fürchten machen könnte!«<br />
»Frag anders! Frage so: Wo ist die mächtige Persönlichkeit, die Jeden, der ihr dunkles Reich betritt, zum<br />
Schatten macht, verzaubert oder tötet? Sie wohnt und herrscht in diesem Riesenbau. Willst du hinein, so<br />
halte ich dich nicht; ich habe nur zu warnen, nicht zu zwingen. Unzählige schon hörten nicht auf mich. Die<br />
Starken sah ich niemals wiederkehren; die Andern aber waren ihm, dem Zauberer, in andrer Art verfallen.<br />
Sie kamen zwar zurück, doch nur als seine Schatten, die geist- und körperlos an mir vorüberschlichen, um<br />
vampyrgleich der Menschen Blut zu saugen.«<br />
»Und fand sich Keiner, der ihm widerstand?«<br />
»Nicht Einer!«<br />
»Das schreckt mich nicht. Was Zauber heißt, ist Lüge. Nur wer die Lüge glaubt, ist ihr verfallen. Ich tue so,<br />
wie Alle, die nicht hörten: Ich will hinein, ja nun erst recht hinein! Gib mir den Mächtigen zu sehen, von<br />
dem du sagst, daß Jedermann dem Tode oder ihm verfallen sei! Ich glaube nicht an seine Macht und auch<br />
nicht an den Tod!«<br />
»Du glaubst nicht an den Tod?« fragte er, indem er mich ganz eigen ansah. »Kannst du beten?«<br />
»Ja.«<br />
»Richtig?«