Band 29 - thule-italia.net
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»Wie aber wird es wohl zu machen sein?«<br />
»Ich bitte dich, das mir zu überlassen! Leg deine Hand getrost hier in die meine! Und nun höre, was ich<br />
sage: Fühlst du den Mut, den Heldenmut in dir, mir deine Seele, deinen Geist zu schenken, so feiern wir die<br />
Auferstehung hier, indem wir ineinander uns versenken!«<br />
Da schlug er beide Arme um mich, zog mich so fest, so fest an sich, als ob unsere Körper nur einen<br />
einzigen Leib zu bilden hätten, und antwortete:<br />
»Ich habe den Mut; ich bin dein; nimm mich hin!«<br />
Da verlöschte plötzlich das Licht. Es war vollständig herabgebrannt gewesen. Der Pedehr ging fort, dem<br />
abzuhelfen. Als er wiederkam, standen wir mit einander draußen auf dem Söller. Der Ustad hatte soeben<br />
mit der Hand auf die vor uns liegende, vom Himmel bestrahlte, kleine Welt gedeutet und gesagt:<br />
»Es ist, als hätte ich das alles für dich vorbereitet, damit den Seelen meiner Dschamikun nun auch der<br />
rechte Geist gegeben werde, jener Geist der liebenden Unerbittlichkeit, der mir die Augen öff<strong>net</strong>e und uns<br />
in diesem "Schattenland" so nötig ist! Du hast mich heut verdoppelt, und dadurch auch die Hoffnung auf<br />
den Erfolg. Zwei Ustawat (* Plural von Usta oder Ustad.), und doch ein einziger nur! Stelle zwei Kerzen<br />
nebeneinander. Geben sie zwei Scheine? Nein. Es ist nun Doppelkerzenlicht!«<br />
Da trat der Pedehr an die Thür und forderte uns auf:<br />
»Ihr könnt wieder hereinkommen. Es ist nun heller als vorher.«<br />
Wir folgten diesen Worten. Er zeigte nach dem Tische. Da standen jetzt zwei Kerzen statt der einen.<br />
Sonderbar! Der Ustad lächelte.<br />
»Siehst du?« scherzte er mir zu. »Seien wir Autoren oder nur Autor, wir liefern die Gedanken, und er als<br />
praktischer Pedehr der Dschamikun ist schnell bereit, sie in Gestalt zu fassen. So soll es immer sein. Dann<br />
wird es im Duar bald ein bewegtes, frohes Leben geben!«<br />
Er liebte es, in Bildern zu sprechen. Wer ihn verstehen wollte, hatte nachzudenken. So auch hier. Wen oder<br />
was meinte er mit den Dschamikun, denen sein ganzes Herz gehörte? Wo lag oder liegt wohl der Duar,<br />
über den die "Glocken des Gebetes" für jeden Wunsch erklangen? In Persien? Ich will es nicht verraten.<br />
Die Folge wird es zeigen!<br />
Wir waren mit unserer Besprechung noch nicht fertig, und doch mahnte der Scheik:<br />
»Es ist jetzt wohl schon Mitternacht. Willst du nicht vor der Reise schlafen, Ustad? Und der Effendi steht<br />
noch im Genesen. Durchwachte Nächte sind ihm untersagt.«<br />
Da antwortete der erstere: »Ich habe weder Zeit noch Lust zum Ruhen. Was in mir lebt, kennt keine<br />
Mitternacht.«<br />
Und ich fügte hinzu:<br />
»Mein Körper ist gewöhnt, dem Willen zu gehorchen. Ich fühle jetzt noch keine Müdigkeit. Die Seele hat<br />
die Macht, ihm, dem Geschwächten, ihre Kraft zu leihen. Ich halte aus, bis wir zu Ende sind.«<br />
Da griff der Ustad nach meiner Hand, fühlte den Puls und sagte verwundert: