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Band 29 - thule-italia.net

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Er machte nicht den geringsten Versuch, mich zu widerlegen. Da rief der Pedehr aus:<br />

»Ist das die Möglichkeit? Für solche Wohltat so verfluchter Lohn! Effendi, dieser Mensch sollte gepeitscht<br />

werden!«<br />

»Nein! Ich will ihm sogar seinen Fortgang noch erleichtern. Er bekomme eines der zurückbehaltenen<br />

Soldatenpferde, doch mögen zwei Dschamikun ihn begleiten, bis er die Perser erreicht. Besorge das<br />

sogleich! Jetzt fort mit ihm!«<br />

»Ich selbst werde ihn hinunterbringen. Komm!«<br />

Er faßte ihn beim Mantel und schob ihn vor sich her zum Tore hinaus. Der Chodj-y-Dschuna<br />

verabschiedete sich von mir und ging ihnen nach. Zu Kara aber sagte ich:<br />

»Du siehst, was du mir über diesen Tifl sagtest, hat schnelle Frucht gebracht. Heut abend habe ich Etwas<br />

vor, was Niemand wissen darf. Halte dich bereit, mit mir nach dem See hinunterzugehen, wenn Alle<br />

schlafen!«<br />

Da schaute er in herzlicher Freude zu mir her und sagte:<br />

»Ein Abenteuer, ein verschwiegenes! Mit dir, Effendi! Ich weiß, was dieses Vertrauen bedeutet, und danke<br />

dir dafür!«<br />

Er zog meine Hand an sein Herz. Dann ging ich in die Wohnung des Ustad, um die Karte des Schah an ihre<br />

Stelle zurückzulegen. Ich hatte sie nicht gebraucht.<br />

Der übrige Teil des Tages war nur dem Schlafe und der Sammlung weiterer, neuer Kräfte gewidmet. Am<br />

Abende aßen wir in der Halle. Ich hatte erfahren, daß nach dem Wettrennen eine Beleuchtung sämtlicher<br />

Höhen stattfinden solle. Es waren auch schon viele Fackeln angefertigt worden, darunter sehr lange und<br />

starke von Palmenfaser, welche mehrere Stunden lang brennen und nur schwer zu verlöschen sind. Ich ließ<br />

mir von Schakara heimlich ein halbes Dutzend von diesen geben und nahm sie nach dem Essen mit hinauf<br />

zu mir. Schakara wurde überhaupt mit in das Geheimnis gezogen, denn ich brauchte Jemand, der für mich<br />

und Kara das Tor offen zu halten hatte. Was ich tun wollte, war nicht ungefährlich. Darum teilte ich es ihr<br />

mit, daß ich die Absicht habe, vom See aus in den versteckten Kanal einzudringen, und forderte sie auf, nur<br />

höchstens drei Stunden auf uns zu warten und, falls wir da noch nicht zurückgekehrt seien, uns schleunigst<br />

Hilfe zu senden.<br />

Als man zur Ruhe gegangen war, nach zehn Uhr, begab ich mich in den Hof. Kara stand bereit; Schakara<br />

war bei ihm. Ich wiederholte ihr, wie ich mir ihre etwaige Hilfe dachte. Er nahm die mitgebrachten<br />

Fackeln; dann gingen wir. Im Duar gab es kein Licht. Man schlief auch hier bereits. Am Landeplatze<br />

fanden wir das Boot. Es war nur angebunden. Die beiden Ruder hingen in den Dollen. Wir stiegen ein und<br />

paddelten uns leise nach der Stelle, welche ich untersucht hatte. Es war nicht schwer, die Maueröffnung<br />

hinter dem Gestrüpp aufzufinden. Wir stellten das Boot rechtwinkelig dagegen an und gaben hinten einige<br />

kräftige Ruderschläge. Es drang mit seiner ganzen vorderen Hälfte ein. Wir nahmen die Ruder in das Boot,<br />

bückten uns nieder und krochen unter dem nun auseinandergeteilten Rankengewirr bis an die Spitze des<br />

Kahns vor. Nun war der Sternenhimmel über uns verschwunden. Wir befanden uns in dichtester Finsternis.<br />

Die Ruder an uns nehmend, tasteten wir mit ihnen rechts und links aus dem Kahn heraus. Wir fühlten harte<br />

Wände und stießen uns an diesen so weit hinein, daß auch das Hinterteil des Fahrzeuges durch das<br />

Gestrüpp kam. Hierauf zog ich das Schibhata (* Zündhölzer) aus der Tasche, um eine der Fackeln<br />

anzubrennen. Bei ihrem Scheine sah ich ein ganz vorn im Schnabel des Bootes befindliches Loch, in<br />

welches ich sie steckte. Später hörte ich, daß dieses Loch genau zu diesem Zwecke angebracht worden sei,<br />

weil die Schamiki [Dschamikun?] des Abends gern rund um den See zum Nur-y-Saratin (**<br />

Krebsleuchten.) ruderten.

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