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Band 29 - thule-italia.net

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»Ja!« antwortete ich.<br />

»Wie war das möglich?!«<br />

»Möglich? Sag unvermeidlich! Du sprachst soeben davon, daß ich die Angst nicht kenne. Sie ist mir fast<br />

verächtlich. Ich kann sie nicht begreifen. Da plötzlich seh ich die Gestalt, die ehern mir erscheint, als sei sie<br />

von des Schicksals eigener Hand gegossen und auf den rechten Platz auf festestem Granit gestellt, von<br />

diesem sichern Felsen niederspringen und wie besinnungslos die Flucht ergreifen! Vor wem? Vor nichts als<br />

nur vor ihrem eigenen Schatten! Fühlst du mir denn nicht nach, was ich empfinden mußte? Ahnst du denn<br />

nicht, daß du dich da in mir zerstören mußtest? Der Ritt durch dein Gedankenparadies, wie war er doch so<br />

traurig! Nicht dieser Thoren wegen, die es verfallen ließen, nein, deiner heiligen Einfalt wegen, in welcher<br />

du aus der Erhabenheit der Berge niederstiegst, um dich in Wüsteneien durchzuhungern und dann sogar<br />

den "Baum des Schwatzes" zu beachten! Du warst mir fast so ideal geworden wie jenes Bild von "Akhal,<br />

den Durchschauenden", den nie ein Mensch bethört. Was aber war aus diesem Geiste der Untrüglichkeit<br />

geworden, als ich ihn, "blind vor Angst", die Flucht ergreifen sah, gehetzt von den Phantomen, die ihn auch<br />

heut noch nicht verlassen haben!«<br />

Da ließ er den Kopf sinken und war eine kleine Weile still. Dann warf er ihn mit einer energischen<br />

Bewegung wieder empor und sagte:<br />

»Das war eine böse, böse Sonde, Effendi! Aber du weißt nicht, wie ich dir dafür danke! Ich fühle, daß es in<br />

mir licht werden will. Siehst du die Schatten, welche von mir weichen und da, zur Thür hinaus, die Flucht<br />

ergreifen? Nicht? Ich auch nicht. Aber ich fühle, daß sie es thun, daß sie von dir aufgestöbert worden sind<br />

und mich verlassen müssen. Du hast mir nichts gesagt als nur die Wahrheit. Nun sage mir noch eins:<br />

Glaubst du, daß ich die innere Kraft besitze, dir wieder das zu werden, was ich dir vor dem heutigen Abend<br />

war?«<br />

»Ja! Fast bist du es schon wieder! Ich sprach von dem Geständnis und auch zugleich von meiner Freude,<br />

bevor wir hier heraufgegangen sind. Das erstere hab ich dir nun gemacht. Die letztere sollst du jetzt mit mir<br />

teilen.«<br />

»Freude? Worüber?«<br />

»Ueber dich! Erinnere dich der Strenge, mit welcher du da unten in der Kammer zu mir sprachst! Das war<br />

der Mann von Erz! Nicht mehr der Schattenflüchtling! Du wuchsest plötzlich wieder empor. Du setztest<br />

deinen Fuß zurück auf den Granit. Ich bitte dich: Steig wieder auf die alte, gute Stelle! Ich gebe dir mein<br />

Wort: Kein Schatten ist es wert, und wenn es selbst der allergrößte wäre, daß man um sei<strong>net</strong>willen auch nur<br />

ein einzig Mal den Kopf nach hinten wendet!«<br />

»Nach hinten wendet!« wiederholte er. »Nach hinten! In die Vergangenheiten! Und grad dir, dir, der du es<br />

nicht einmal der Mühe für wert hältst, auch nur den Kopf zu wenden, dir wollte ich jetzt alle, alle meine<br />

Schatten bringen! Komm heraus! Ich will dir zeigen, wo sie stecken! Ich sehe es dir an: du ahnest, was ich<br />

will. Du bist glücklich darüber. Dein Auge leuchtet! Du hast von einem Sieg gesprochen, den ich über dich<br />

und mich errungen habe. Jetzt aber ist dir ein noch viel, viel größerer gelungen: Der Sieg über die, denen<br />

ich einst unterlag, über sie alle, alle, alle! Ich bitte dich noch einmal: Komm heraus!«<br />

Er nahm die Lampe und führte mich hinaus in seine Bücherei. Dort stellte er sie auf den Tisch.<br />

»Hier wollte ich dir erzählen, wohl stunden-, stundenlang«, sagte er. »Vielleicht wäre ich am Morgen noch<br />

nicht zu Ende damit gewesen. Nun aber wird es kurz gemacht, so kurz, wie diese Schatten es verdienen!«<br />

Er deutete auf eine Reihe von Büchern, welche ganz gleich eingebunden waren, und sprach weiter:

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