Band 29 - thule-italia.net
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Existenzen, als ich in einem ganzen Jahrhundert zerstören könnte! Du weißt, daß ich dich kenne. Darum<br />
hast du auch niemals versucht, mir gegenüber deine heilige Maske festzuhalten!«<br />
Da trat ihm der Scheik ul Islam näher, richtete sich hoch auf und sprach:<br />
»Ja, dir gegenüber stehe ich Mann gegen Mann, Geist gegen Geist. Du bist die vernichtende Verneinung;<br />
ich bin die zerstörende Uebertreibung der Bejahung. Ich bejahe nur für mich, für mich; was aus der<br />
Menschheit wird, ist mir vollständig Schnuppe. Darum hassest du mich --- grimmig --- zum Zerreißen!«<br />
»Hassen?« lachte der Aemir. »Noch mehr, noch schlimmer: Ich verachte dich! Zum Hasse ist nur Eure<br />
leutselige Liebe fähig, weiter Niemand. Ich will Edles erreichen, indem ich das Gemeine knechte. Ihr aber<br />
wollt das Niedrige erheben, indem Ihr das Hohe bekämpft! Ich spreche und handle offen und ehrlich mit<br />
dir. Du aber hast sogar gegen mich die Falschheit im Nacken und willst mich zertreten, sobald du mich<br />
nicht mehr brauchst. Ist es so oder nicht?«<br />
Da senkte der Scheik ul Islam den Kopf und sagte in begütigendem Tone:<br />
»Mein Freund, mein lieber, bewunderter Freund, ich versichere dir bei Allah, daß ich nicht ---«<br />
»Laß deinen Allah aus dem Spiele; er steht dir doch um keinen einzigen Gedanken höher als mir!« grimmte<br />
ihn der Aemir an. »Wir haben uns nicht verbündet, um uns gegenseitig anzulügen. Wir sind Feinde,<br />
Todfeinde, und reichen einander für kurze Zeit die Hand, um Dritte zu vernichten, welche so unglücklich<br />
sind, uns Beiden im Wege zu stehen. Ist das vorüber, so beginnt der Kampf zwischen uns von Neuem. Ich<br />
bin nur mit Ueberwindung auf unser Bündnis eingegangen. Ich habe mit Ueberwindung Ahriman Mirza<br />
bewogen, morgen zu dir, zu den Taki zu kommen. Ich bestellte dich nur mit Ueberwindung für heut an die<br />
Stelle am Bach, wo ich dich traf, um dich hierher zu führen. Und auf der kurzen Strecke bis hierher hat es<br />
mich Ueberwindung gekostet, deine frommen Reden zu hören und bei deinen scheinheiligen<br />
Versicherungen nicht zu zerplatzen. Pfui! Darum brauchst du dich nicht zu wundern, daß ich jetzt in<br />
diesem Tone zu dir spreche. Ich bin geladen wie eine aufrichtige Kanone, die ihren Schuß niemals in<br />
Schweigen hüllt. Willst du, daß unser Zusammengreifen zum guten Ende führe, so sorge dafür, daß ich<br />
dich ertragen kann! Sei wenigstens gegen mich auch äußerlich der Mann, der du in deinem Innern und<br />
ebenso vor deinem Allah bist! Ist deine Feigheit denn gar so groß, daß du es nicht wagst, mir die<br />
Tigerkrallen an deinem Schlangenkörper zu zeigen?«<br />
Da fuhr der Scheik ul Islam einige Schritte zurück, zog die Ellbogen nach hinten, ballte die Fäuste und rief<br />
aus:<br />
»Mensch! Schurke! Weißt du, wo du dich befindest? Ich kann dich vernichten --- hier, sofort --- auf der<br />
Stelle!«<br />
»So ist's recht! Das wollte ich haben!« lachte der Sill. »Jetzt kommen die Krallen! Sprich in diesem<br />
aufrichtigen Tone weiter, so ist es möglich, daß wir einig bleiben! Du fragst mich, ob ich wisse, wo ich sei.<br />
Lächerlich! Ich bin hier in meinem Reiche, als unbeschränkter Gebieter desselben.«<br />
»In deinem Reiche, deinem?« höhnte der Scheik ul Islam auf. »Ja, du glaubtest, mich hier einzuführen, um<br />
mich zunächst deinen Sillan vorzustellen und mir dann die hier aufgehäuften Schätze zu zeigen, damit ich<br />
sähe, welch eine Mitgift du dem neuen Kaiser geben kannst. Aber du irrst, du armer, machtloser "Fürst der<br />
Schatten"! Ich bin hier längst eingeführt. Ich kenne jeden Stein, jeden Winkel, auch das Wasser da unten in<br />
der Tiefe!«<br />
»Du -- du -- du?« fragte der Aemir erstaunt.<br />
»Ja, ich! Denn diese Ruinen sind nicht dein Reich, sondern mein oder vielmehr unser Reich. Wir, wir, wir