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Band 29 - thule-italia.net

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entwickelt. Daß er, der Schlaue, heut zu dieser Dummheit förmlich hingerissen wurde, das muß uns doch<br />

verraten, wieviel für ihn hier auf dem Spiele steht! Ihm widerstrebt die geistige und sittliche Kultur. Wo sie<br />

erblüht, hat er die Macht verloren. Er muß den Stumpfsinn pflegen, der weder sieht noch hört, und mit ihm<br />

jene Unzufriedenheit, die stets nach Hilfe schreit, weil sie zu faul und unerfahren ist, sich selbst zu helfen.<br />

Er muß den wahren, unverfälschten Gottesglauben töten, der Kraft und Mut zum Lebenskampf verleiht,<br />

dagegen aber jene Schwachkopf-Frömmigkeit beschützen, die jeden, der sie an den Wangen streichelt,<br />

sofort für einen Engel ihres Himmels hält. Da darf es auf der Erde keinen Frühling geben, der alles, was<br />

veraltet, von den Fluren fegt. Der Staub hat meterdick auf Stadt und Land zu liegen, und wo ein Wasser<br />

fließt, da muß es trüb und schleichend sein! Dann kommen jene nächtlichen Gespenster, die alles, doch nur<br />

keine Geister sind. Sie flattern überall, mit leisem Vampyrflügelschlage. Und wo sie sich aufs Volk<br />

herniederlassen, da saugen sie ihm bald die vollen Adern leer. Dann sieht man nicht mehr frohe<br />

Menschenkinder, die sich in Gottes reinem Lichte sonnen. Der Blick fällt nur auf geistge Mummelgreise,<br />

und alles ringsum wird zum --- Schattenland!«<br />

»So war es hier; so war es, wie du sagst!« stimmte der Ustad bei. »Es war die Geisteswüste, genau wie<br />

jenes Paradies, von dem ich dir erzählte, ein flaches, ödes, wüstes Schemenland! Der Stumpfsinn kroch im<br />

tiefen Bodenstaube. Der Groll schlich zähneknirschend nachts umher. Der arbeitsscheue Müßiggang schlug<br />

frömmelnd sich die Brust und schnappte gierig nach der Dummheit Brocken. Stumm lag der ausgenutzte<br />

Fleiß in dürrem Sande. Und über diesen und noch tausend andern Schatten gab es ein unhörbares Flattern<br />

dunkler Flederhäuter, für welche du den rechten Namen, Vampyr, hattest. -- So, so war es um die<br />

Bewohner dieses traurigen Gebietes und also auch um meine jetzigen Dschamikun beschaffen, als ich zu<br />

ihnen kam. Ich hatte zwar schon oft von "Menschheitsjammer" sprechen gehört und manches "Erdenleid"<br />

an andern und auch an mir selbst erfahren, doch daß dies Elend nicht von dem Geschick bestimmt, sondern<br />

nur der Sauggier dieser Flügelhäuter zuzuschreiben sei, das war mir völlig unbekannt gewesen. Ich fragte<br />

mich, ob wohl noch Hilfe möglich sei. Wenn ich die unzählbaren Scharen sah, die es von ihnen gab, da<br />

hörte ich zu meinen eigenen Füßen die Verzagtheit stöhnen. Ich schob sie fort von mir und dachte nach.<br />

Ein Mensch, ein einzelner, war nicht zu helfen fähig, auch viele Tausend nicht. Dies nächtliche Getier<br />

stand unter einem Schutze, der mächtiger als Menschenschwachheit ist, dem Schutz der Dunkelheit. Jedoch<br />

noch mächtiger als diese ist das Licht. Gelang es mir, es dort hinüber in den Bau zu tragen, der ihm seit<br />

langer Zeit fast ganz verschlossen war, so mußten diese Sauger an die Helligkeit des Tages fliehen, wo sie<br />

von jedermann erkannt und dann gemieden werden konnten.«<br />

Als der Ustad hier eine Pause machte, nahm der Pedehr das Wort.<br />

»Was du jetzt sagtest, führtest du auch aus. Wir kannten dich noch nicht; du hattest keine Hilfe und wagtest<br />

dich allein in die Ruinen. Jedoch grad diese Kühnheit hat uns für dich gewonnen!«<br />

»Es war viel leichter, als man denken sollte!« lächelte der Ustad. »Ich habe mich nicht etwa eingeschlichen.<br />

Ich kam im vollen, hellen Licht des Tages und sagte ehrlich, wer und was ich sei. Da hielt man mich erst<br />

recht für einen Schatten, der aus der Welt des Lichtes hierher in ihre Dunkelheit geworfen worden sei.<br />

Auch dies vermochte nicht, zum Trug mich zu bewegen. Ich nahm mein Licht heraus und zündete es an.<br />

Sie hatten nichts dagegen. Das kleine Flämmchen schien sogar hier Freude zu bereiten. Es konnte diese<br />

große Finsternis ja doch nur tiefer machen, und für die Menschen draußen brauchte man es als Beweis, daß<br />

man in den Ruinen das Licht zu schätzen wisse.«<br />

Da fiel der Pedehr ein:<br />

»Wir sahen dieses Licht. Es zog uns an. Wir kamen nach dem Bau. Erst einzeln nur, doch bald in größern<br />

Scharen. Wir drangen in den Bau. Es wurde hell in ihm, weil wir nicht ohne unsere Lichter kamen. Da ging<br />

ein schrillendes Gekreisch durch alle seine Gänge. Es flatterte und huschte überall. Wir leuchteten in alle<br />

Ecken und stöberten die Flederwesen auf. Sie flohen vor uns her auf jede Oeffnung zu. Und wer da draußen<br />

stand, der sah sie wie verscheuchte Irrgedanken aus dem Gemäuer kommen und, um die Ecken biegend,<br />

schnell verschwinden. Ob vielleicht welche, tief versteckt, sich noch im Bau befanden, das kümmerte uns<br />

nicht, weil wir doch nicht die Absicht haben konnten, ihn für uns zu benutzen. Wir bauten uns im

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