Edouard Schuré - Die großen Eingeweihten
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<strong>Edouard</strong> <strong>Schuré</strong> <strong>Die</strong> <strong>großen</strong> <strong>Eingeweihten</strong> Geheimlehren der Religionen<br />
Jedermann weiß, daß es keine gewöhnliche Schrift in den prähistorischen Zeiten<br />
gab. <strong>Die</strong>ser Brauch wurde ein allgemeiner nur, als die phonetische Schrift aufkam<br />
oder die Kunst, durch Buchstaben den Ton der Worte nachzubilden. Aber die<br />
Hieroglyphenschrift oder die Kunst, die Dinge durch irgendwelche Zeichen<br />
darzustellen, ist so alt wie die menschliche Zivilisation. Und immer war sie in diesen<br />
primitiven Zeiten das Vorrecht der Geistlichkeit, da man sie als etwas Heiliges<br />
betrachtete, als eine religiöse Funktion und zunächst als göttliche Eingebung. Wenn<br />
auf der südlichen Halbkugel die Priester der schwarzen oder südlichen Rasse auf<br />
Tierhäuten oder steinernen Tafeln ihre geheimnisvollen Zeichen entwarfen, hatten sie<br />
die Gewohnheit, sich gegen den Südpol zu wenden; ihre Hand bewegte sich gegen<br />
den Orient als Quelle des Lichts. Sie schrieben also von rechts nach links. <strong>Die</strong><br />
Priester der weißen oder nordischen Rasse lernten die Schrift der schwarzen Priester<br />
und begannen zu schreiben wie sie. Als aber das Gefühl ihrer Herkunft sich in ihnen<br />
mit dem nationalen Bewußtsein und dem Stolz der Rasse entwickelt hatte, erfanden<br />
sie besondere Zeichen, und statt sich zum Süden, dem Lande der Schwarzen, zu<br />
wenden, kehrten sie ihr Antlitz zum Norden, dem Lande der Ahnen, die Richtung<br />
gegen Osten beim Schreiben beibehaltend. Ihre Schriftzüge bewegten sich dann von<br />
links nach rechts. Daher die Richtung der keltischen Runen, des Zend, des Sanskrit,<br />
des Griechischen, des Lateinischen und aller Schriftarten der arischen Rassen. Sie<br />
bewegen sich zur Sonne hin, der Quelle des irdischen Lebens, aber sie blicken gen<br />
Norden, dem Lande der Ahnen und der geheimnisvollen Quelle himmlischer<br />
Morgenröte.<br />
Semitische und arische Strömung sind die zwei Träger aller unserer Ideen,<br />
Mythologien, Religionen, aller Künste, Wissenschaften und Philosophien. Jede dieser<br />
Strömungen bringt mit sich eine entgegengesetzte Auffassung des Lebens, deren<br />
Versöhnung und Gleichgewicht die Wahrheit selbst wäre. Der semitische Strom<br />
enthält die absoluten und höheren Prinzipien, die Idee der Einheit und der<br />
Allumfassendheit im Namen eines höchsten Prinzips, das, in der Anwendung, zur<br />
Einigung des Menschengeschlechts führt. Der arische Strom enthält den Gedanken<br />
der aufsteigenden Evolution durch alle irdischen und überirdischen Reiche und führt<br />
in der Anwendung zur unendlichen Mannigfaltigkeit der Entwicklungslinien im<br />
Namen der Natur und der vielfachen Bestrebungen der Seele. Der semitische Genius<br />
steigt von Gott zum Menschen herunter; der arische Genius steigt vom Menschen zu<br />
Gott empor. Der eine erscheint im Bild des rächenden Erzengels, der zur Erde<br />
niedersteigt, mit Schwert und Blitz bewaffnet, der andere in dem des Prometheus, der<br />
in der Hand das vom Himmel geraubte Feuer hält und den Blick zum Olymp<br />
emporhebt.<br />
Indem wir den semitischen Strom aufwärtssteigen, kommen wir über Moses zu<br />
Ägypten, dessen Tempel nach Manethons Angaben eine Tradition von dreißigtausend<br />
Jahren hatte. – Indem wir den arischen Strom entlangsteigen, kommen wir nach<br />
Indien, wo sich die erste große Zivilisation entwickelt, die einem Sieg der weißen<br />
Rasse entquillt. Indien und Ägypten waren die zwei <strong>großen</strong> Mütter der Religionen.<br />
Sie hatten das Geheimnis der <strong>großen</strong> Einweihung. Wir wollen in ihre Heiligtümer<br />
eintreten.<br />
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