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Edouard Schuré - Die großen Eingeweihten

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<strong>Edouard</strong> <strong>Schuré</strong> <strong>Die</strong> <strong>großen</strong> <strong>Eingeweihten</strong> Geheimlehren der Religionen<br />

»Krishna«, sagte die Tochter des Königs der Schlangen, »deine Stirn ist ruhiger<br />

als der Schnee des Himavats, und dein Herz ist wie der Pfeil des Blitzes. In deiner<br />

Unschuld erstrahlst du über den Königen der Erde. Hier bist du von niemand erkannt;<br />

du selbst kennst dich nicht. Ich allein weiß, wer du bist; die Devas haben aus dir den<br />

Herrn der Menschen gemacht; ich allein kann aus dir den Herrn der Welt machen.<br />

Willst du?«<br />

»Wenn es Mahadeva ist, der aus deinem Munde spricht«, sagte Krishna ernst,<br />

»wirst du mir sagen, wo meine Mutter ist und wo ich den <strong>großen</strong> Greis wiederfinden<br />

werde, der unter den Zedern des Berges Meru zu mir gesprochen hat.«<br />

»Deine Mutter?« sagte Nysumba mit einem verächtlichen Lächeln, »sicherlich bin<br />

nicht ich es, die es dir sagen wird, und auch deinen Greis kenne ich nicht.<br />

Unsinniger! Du gehst Träumen nach, und du siehst nicht die Schätze der Erde, die ich<br />

dir biete. Es gibt Könige, die die Krone tragen und keine Könige sind. Es gibt<br />

Hirtensöhne, die die Königswürde auf ihrer Stirn tragen und die ihre Kraft nicht<br />

kennen. Du bist stark, du bist jung, du bist schön; die Herzen gehören dir. Töte den<br />

König in seinem Schlaf, und ich werde die Krone auf dein Haupt drücken, und du<br />

wirst der Herr der Welt sein. Denn ich liebe dich, und du bist mir vorherbestimmt.<br />

Ich will es, ich befehle es!«<br />

Während sie so sprach, hatte sich die Königin aufgerichtet, gebieterisch,<br />

faszinierend, schrecklich wie eine schöne Schlange. Sich von ihrem Lager erhebend,<br />

schoß sie aus ihren schwarzen Augen eine so dunkle, stechende Flamme in die klaren<br />

Augen Krishnas, daß dieser entsetzt erzitterte. In diesem Blick trat ihm die Hölle<br />

entgegen. Er sah den Abgrund des Tempels von Kali, der Göttin des Verlangens und<br />

des Todes, und Schlangen, die sich dort wanden wie in einer ewigen Agonie. Da<br />

plötzlich wurden die Augen Krishnas wie zwei Schwerter. Sie durchbohrten die<br />

Königin von allen Seiten, und der Held des Berges Meru rief:<br />

»Ich bleibe treu dem König, der mich zum Beschützer gewählt hat, aber du, wisse,<br />

daß du sterben wirst.«<br />

Nysumba stieß einen Schrei aus und wälzte sich auf ihrem Lager. All ihre<br />

künstliche Jugend war verschwunden; sie war wieder alt und runzlig geworden.<br />

Krishna ging, sie ihrem Zorn überlassend.<br />

Von den Worten des Anachoreten Tag und Nacht verfolgt, sagte der König von<br />

Madura zu seinem Wagenlenker:<br />

»Seit der Feind den Fuß in meinen Palast gesetzt hat, schlafe ich nicht mehr in<br />

Frieden auf meinem Thron. Ein höllischer Zauberer, den man Vasishta nennt, der in<br />

einem tiefen Wald wohnt, kam hierher, um seinen Fluch auf mich zu laden. Seitdem<br />

atme ich nicht mehr, der Alte hat meine Tage vergiftet. Mit dir aber fürchte ich<br />

nichts, fürchte ich ihn nicht. Komm mit mir in den verfluchten Wald. Ein Spion, der<br />

alle Pfade kennt, wird uns zu ihm führen. Sobald du ihn sehen wirst, lauf zu ihm und<br />

erschlage ihn, bevor er ein Wort hat sprechen oder dir einen Blick hat zuwerfen<br />

können. Wenn er tödlich verwundet sein wird, frage ihn, wo der Sohn meiner<br />

Schwester Devaki ist und welches sein Name ist. Der Friede meines Reiches hängt<br />

von diesem Geheimnis ab.«<br />

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