Edouard Schuré - Die großen Eingeweihten
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<strong>Edouard</strong> <strong>Schuré</strong> <strong>Die</strong> <strong>großen</strong> <strong>Eingeweihten</strong> Geheimlehren der Religionen<br />
Isis – Einweihung – Prüfungen<br />
Zur Zeit des Ramses hatte die ägyptische Zivilisation den höchsten Gipfel ihres<br />
Ruhmes erstiegen. <strong>Die</strong> Pharaonen der XX. Dynastie, Schüler und Bannerträger der<br />
Heiligtümer, hielten wie wahre Helden den Kampf gegen Babylon aufrecht. <strong>Die</strong><br />
ägyptischen Bogenschützen jagten die Libyer, die Bodhonen, die Nubier bis in das<br />
Zentrum Afrikas. Eine Flotte von vierhundert Segeln verfolgte die Liga der<br />
Schismatiker bis zur Mündung des Indus. Um besser dem Anprall Assyriens und<br />
seiner Verbündeten zu widerstehen, hatte Ramses strategische Straßen bis zum<br />
Libanon errichtet und eine Kette von Bollwerken aufgetürmt zwischen Mageddo und<br />
Karkemisch. Endlose Karawanen strömten durch die Wüste von Radasieh bis<br />
Elephantina. <strong>Die</strong> architektonischen Arbeiten wurden ohne Unterbrechung fortgesetzt<br />
und beschäftigten Arbeiter aus drei Kontinenten. Der hypostyle Saal von Karnak,<br />
dessen Pfeiler die Dichtigkeit der Säule von Vendôme erreichen, war<br />
wiederhergestellt; der Tempel von Abydos wurde mit Wundern der Bildhauerkunst<br />
bereichert, zwischen dem Tal der Könige und dem linken Ufer des Nils erhoben sich<br />
großartige Monumente. Man baute zu Bubastos, zu Luxor, zu Speos Ibsambul. In<br />
Theben erinnerte ein Trophäen-Pylon an die Einnahme von Kadesh; dort auch erhob<br />
sich das Ramasseum, umgeben mit einem Wald von Obelisken, Statuen, riesenhaften<br />
Monolithen.<br />
Mitten in diese fieberhafte Tätigkeit, dieses blendenden Leben, landete mehr als<br />
ein nach den Mysterien strebender Fremdling, von den fernen Küsten Kleinasiens<br />
oder den Bergen Thraziens kommend, in Ägypten, angezogen von dem Ruhm seiner<br />
Tempel! In Memphis war er starr vor Staunen. Monumente, Schauspiele, öffentliche<br />
Feste, alles gab ihm den Eindruck des Üppigen, des Großartigen. Nach der<br />
Zeremonie der königlichen Weihe, die im Geheimnis des Heiligtums vollzogen<br />
wurde, sah er den Pharao aus dem Tempel treten vor das Volk und auf seinen Thron<br />
steigen, der von zwölf fächertragenden Offizieren seines Generalstabs getragen<br />
wurde. Vor ihm hielten zwölf Leviten auf goldgestickten Kissen die Zeichen der<br />
Königs würde: das Zepter der Richter mit dem Widderkopf, das Schwert, den Bogen<br />
und die Fülle der Waffen. Hinter ihm kamen die Angehörigen des königlichen<br />
Hauses und die Hochschulen der Geistlichkeit, gefolgt von den <strong>Eingeweihten</strong> der<br />
<strong>großen</strong> und kleinen Mysterien. <strong>Die</strong> Hohenpriester trugen die weiße Tiara, und ihr<br />
Brustschild blitzte vom Feuer der symbolischen Steine. <strong>Die</strong> Würdenträger der Krone<br />
trugen die Orden des Lammes, des Widders, des Löwen, der Lilie, der Biene, die an<br />
wunderbar gearbeiteten massiven Ketten hingen. <strong>Die</strong> Korporationen schlossen den<br />
Zug mit ihren Sinnbildern und ausgebreiteten Fahnen. – In der Nacht glitten<br />
wunderbar bewimpelte Barken auf künstlichen Seen und trugen die königlichen<br />
Orchester, zwischen welchen sich in hieratischen Posen Tänzerinnen und<br />
Spielerinnen der Theorbe abhoben.<br />
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