Edouard Schuré - Die großen Eingeweihten
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<strong>Edouard</strong> <strong>Schuré</strong> <strong>Die</strong> <strong>großen</strong> <strong>Eingeweihten</strong> Geheimlehren der Religionen<br />
<strong>Die</strong> Lehre der <strong>Eingeweihten</strong><br />
Krishna wurde von den Anachoreten begrüßt als der erwartete und<br />
vorherbestimmte Nachfolger Vasishtas. Man feierte die Srada oder das<br />
Gedächtnisfest des heiligen Greises in dem geweihten Wald, und der Sohn Devakis<br />
erhielt den siebenknotigen Stock als Zeichen der Herrschaft, nachdem er das<br />
Feueropfer in Gegenwart der ältesten Anachoreten verrichtet hatte, derjenigen,<br />
welche die drei Veden auswendig kennen. Dann zog sich Krishna auf den Berg Meru<br />
zurück, um dort über seine Lehre zu meditieren und über den Weg des Heiles für die<br />
Menschen. Seine Meditationen und seine Abtötungen dauerten sieben Jahre. Dann<br />
fühlte er, daß er seine irdische Natur durch seine göttliche geläutert habe und daß er<br />
mit der Sonne Mahadevas genugsam eins geworden war, um den Namen eines<br />
Gottessohnes zu verdienen. Dann erst rief er zu sich die Anachoreten, die alten und<br />
die jungen, um ihnen seine Lehre zu offenbaren. Sie fanden Krishna geläutert und<br />
gewachsen; der Held hatte sich in einen Heiligen verwandelt; nicht hatte er die Kraft<br />
des Löwen verloren, aber er hatte die Sanftmut der Tauben gewonnen.<br />
Unter denjenigen, die zuerst herbeiströmten, befand sich Ardjuna, ein<br />
Nachkomme der solaren Könige, einer der Pandavas, die von den Kuravas oder den<br />
Mondkönigen entthront worden waren. Der junge Ardjuna war voll Feuer, aber leicht<br />
entmutigt und dem Zweifel ausgesetzt. Er schloß sich Krishna leidenschaftlich an.<br />
Unter den Zedern des Berges Meru sitzend, gegenüber dem Himavat, begann<br />
Krishna zu seinen Jüngern zu sprechen über die Wahrheiten, die unerreichbar sind<br />
für die Menschen, die in der Knechtschaft der Sinne leben. Er unterwies sie in der<br />
Lehre der Unsterblichkeit der Seele, ihrer Wiederverkörperungen und ihrer<br />
mystischen Vereinigung mit Gott. Der Körper, sagte er, ist die Hülle der Seele, die<br />
dort ihre Wohnung aufschlägt, er ist ein endliches Ding; aber die Seele, die ihn<br />
bewohnt, ist unsichtbar, ewig 17 . Der irdische Mensch ist dreifach wie die Gottheit,<br />
die er widerspiegelt, ist Vernunft, Seele und Körper. Wenn sich die Seele mit der<br />
Vernunft vereinigt, dann erreicht sie Satwa, die Weisheit und den Frieden; wenn sie<br />
schwankend bleibt zwischen der Vernunft und dem Körper, wird sie von Raja, der<br />
Leidenschaft, beherrscht und wendet sich von Gegenstand zu Gegenstand in<br />
fortwährendem Kreislauf; wenn sie sich dem Körper überliefert, fällt sie in Tamas,<br />
die Unvernunft, die Unwissenheit und den zeitweiligen Tod. Das ist es, was<br />
jedermann an sich und den andern beobachten kann 18 .<br />
»Aber«, fragte Ardjuna, »welches ist das Schicksal der Seele nach dem Tod? Ist sie<br />
immer demselben Gesetz gehorsam und kann sie ihm niemals entrinnen?«<br />
»Sie entrinnt ihm niemals und gehorcht ihm immer«, antwortete ihm Krishna.<br />
»<strong>Die</strong>s ist das Mysterium der Wiedergeburten. So wie die Tiefen des Himmels sich<br />
den Sternenstrahlen öffnen, so werden die Tiefen des Lebens von dem Licht der<br />
Wahrheit erhellt. Wenn der Körper aufgelöst ist, wenn Satwa (die Weisheit) die<br />
Überhand hat, fliegt die Seele fort in die Regionen jener reinen Wesen, die das<br />
Wissen des Höchsten haben.<br />
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