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WENN MAMA UND PAPA ANDERS SIND

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Elternschaft von Menschen mit geistiger Behinderung<br />

Im Jahr 1992 wurde ein neues Betreuungsgesetz eingeführt (vgl. BMJ 2008). Hier wurde<br />

die Frage der Sterilisation geistig behinderter Menschen, welche bis zu diesem Zeitpunkt<br />

rechtlich unsicher war (vgl. Onken 2008) gesetzlich geregelt. Dabei sind zwei wesentliche<br />

Änderungen der rechtlichen Situation hervorzuheben (vgl. Onken 2008, S. 53; vgl. Pixa-<br />

Kettner/Bargfrede/Blanken 1996, S. 2):<br />

Die bis dahin häufig ausgeübte Praxis der Sterilisation von minderjährigen Menschen<br />

mit geistiger Behinderung (meist ohne deren Wissen) gilt als illegal.<br />

Eine Sterilisation einwilligungsunfähiger Menschen mit geistiger Behinderung darf<br />

nicht gegen ihren zum Ausdruck gebrachten Willen erfolgen. 6<br />

Das bedeutete gleichzeitig, dass sich Menschen mit einer geistigen Behinderung seitdem<br />

selbst für oder gegen ein Kind entscheiden können (vgl. Pixa-Kettner/Bargfrede/Blanken<br />

1996, S. 2). Insofern wurde Anfang der 90er Jahre Elternschaft geistig behinderter Menschen<br />

sehr vorsichtig thematisiert.<br />

Doch waren sich alle Autoren aus dem deutschsprachigen Raum lange Zeit einig, dass eine<br />

Selbstbestimmung hinsichtlich einer Nachkommenschaft abgelehnt wird (vgl. Walter 1996,<br />

S. 293). Dies wurde damit begründet, dass ein Kind ausreichend gepflegt, versorgt, erzogen<br />

und angeregt werden muss. Menschen mit geistiger Behinderung könnten dies in der<br />

Regel nicht leisten, so dass die elterliche Sorge entzogen würde und das Kind fremduntergebracht<br />

werden müsse. Weiterhin wurde angemerkt, dass eine Schwangerschaft unter<br />

medizinischem sowie psychosozialem Aspekt kaum vertretbar wäre, da nur begrenzt zu<br />

erwarten wäre, dass diese ein positives Erlebnis darstellen wird (vgl. Walter 1996, S. 293).<br />

Außerdem wurde über eine lange Zeit die Ansicht vertreten, dass Menschen mit geistiger<br />

Behinderung über so wenig differenziertes Gefühlsleben verfügen, dass sie einschneidende<br />

Erfahrungen (wie Verwehrung von Schwangerschaft, Geburt und Elternschaft) kaum<br />

wahrnehmen werden. Insofern war es schwierig, die Thematik Elternschaft geistig behinderter<br />

Menschen zu diskutieren, ohne dass dies emotional und in einer Atmosphäre von<br />

Vorwürfen und Beschuldigungen geschah (vgl. Pixa-Kettner/Bargfrede/Blanken 1996, S.<br />

3).<br />

Nach und nach begann die verwehrende Auffassung aufzubrechen, insbesondere in der<br />

Behindertenpädagogik. Heute ist es mit dem Hintergrund der weltweit geführten Diskussion<br />

um Normalisierung, Integration und Teilhabe in vielen Bereichen diesbezüglich zu einer<br />

veränderten Sichtweise gekommen. In zahlreichen Ländern ist ein Bedarf an Unterstüt-<br />

6 Bei einwilligungsfähigen Menschen ist ihre Zustimmung ohnehin Voraussetzung.<br />

15

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