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WENN MAMA UND PAPA ANDERS SIND

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Risiko- und Schutzfaktoren im Leben der Kinder von Eltern mit geistiger Behinderung<br />

(Sexuelle) Gewalterfahrungen<br />

Es besteht die Annahme, dass Kinder von Eltern mit geistiger Behinderung eher Gewaltund<br />

Missbrauchserfahrungen ausgesetzt sind als andere (vgl. Sanders 2008, S. 169). Hier<br />

lässt sich wieder einer der zu Beginn zitierten Mythen finden. Jedoch unterscheiden sich<br />

die Wahrscheinlichkeitsangaben erheblich. Diverse Veröffentlichungen von Missbrauch<br />

und Vernachlässigung zeigen eine Quote von 15 % bis 57 % (vgl. Prangenberg 2002, S.<br />

68). Insofern wird deutlich, wie stark die Vorstellung über die physische Situation der<br />

Kinder im Zusammenhang mit der elterlichen Kompetenz gesehen wird (vgl. Prangenberg<br />

2002, S. 68).<br />

Außerdem wurde festgestellt, dass die Gefahr der sexuellen Gewalt in der überwiegenden<br />

Zahl der Fälle nicht von den Eltern selbst ausgeht, sondern von Personen aus dem familiären<br />

Umkreis (vgl. Sanders 2008, S. 169).<br />

Parentifizierung/Rollenumkehr<br />

Von einer Parentifizierung (vgl. Sanders 2008, S. 169) im Kontext geistig behinderter Eltern<br />

spricht man, wenn diese ihren Kindern die Eltern- oder Partnerrolle übertragen. Die<br />

Kinder, überwiegend Töchter, übernehmen „elterntypische“ Aufgaben wie Haushalt, Versorgung<br />

jüngerer Geschwister oder Vertretung der Familie nach außen. Dies kann die Ü-<br />

bernahme einzelner Teile bis hin zu einer vollkommenen Umkehrung der Familienstruktur<br />

beinhalten. Dieser so genannte Rollentausch kann unterschiedlichen Motiven unterliegen.<br />

Er kann als Schutzmaßnahme gelten, um eine Intervention gegen elterliche Mängel zu<br />

vermeiden oder von den Eltern als eigene Entlastung initiiert sein (vgl. Prangenberg 2002,<br />

S. 107; vgl. Sanders 2008, S. 169). In einem Interview von Prangenberg (vgl. 2002) fasst<br />

eine erwachsene Frau, die bei ihrer geistig behinderten Mutter aufwuchs, ihre Erfahrungen<br />

folgendermaßen zusammen: „Ich musste die Mutti behandeln, manchmal wie ´n Baby e-<br />

ben“ (Prangenberg 2002, S. 148).<br />

Eine Rollenumkehr kann bei den betroffenen Kindern zu einer hohen Überforderung führen<br />

(vgl. Sanders 2008, S. 170), z. B. in Form von vermehrter Krankheitsauffälligkeit, fehlender<br />

oder eingeschränkter Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse oder Verhaltensauffälligkeiten.<br />

Das enorme soziale Engagement für die Familie bedingt vermutlich soziale Isolierung<br />

sowie schulische Probleme aufgrund häufiger Fehlzeiten. Darüber hinaus können<br />

Versagensängste, Lernwiderstände und eine geringe Frustrationstoleranz als Folgeerscheinungen<br />

eine Rolle spielen.<br />

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