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WENN MAMA UND PAPA ANDERS SIND

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Zwischen Elternrecht und Kindeswohl<br />

4.3 Kindeswohlgefährdung als Grenze des Elternrechts<br />

Wie bereits mehrfach angesprochen, ist die Befürchtung einer Kindeswohlgefährdung der<br />

zentrale Einwand gegen das Recht auf gelebte Elternschaft von Menschen mit geistiger<br />

Behinderung (vgl. Sanders 2007, S. 90; vgl. Sanders 2008, S. 54; vgl. Wohlgensinger<br />

2008, S. 13). Nachstehend wird aufgezeigt, dass bei Eltern mit geistiger Behinderung nicht<br />

ohne weiteres von einer Kindeswohlgefährdung auszugehen ist, da diese zunächst individuell<br />

geprüft werden muss. Es wird weiterhin herausgestellt, dass in diesem Prüfverfahren<br />

das Wohl des Kindes im Vordergrund stehen muss und keinesfalls die Behinderung der<br />

Eltern. Außerdem wird geklärt, dass selbst das Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung<br />

nicht zur zwangsläufigen Trennung von den Eltern bzw. zum Sorgerechtsentzug führt.<br />

Das Erziehungsprimat der Eltern nach Art. 6 Abs. 2 GG endet dort, wo das Kindeswohl<br />

gefährdet ist. Die Grenze ist eindeutig überschritten, wenn Eltern die (Grund)rechte ihrer<br />

Kinder missachten. Nehmen sie ihre Elternverantwortung nicht (mehr) wahr und verletzen<br />

jene Rechte, ist der Staat nicht nur zur Intervention befugt, sondern dazu verpflichtet. Artikel<br />

6 Abs. 2 GG formuliert den verfassungsrechtlichen Auftrag der staatlichen Gemeinschaft.<br />

Man spricht hier vom staatlichen Wächteramt. Dies wird im BGB und im SGB VIII<br />

konkretisiert (vgl. Schmid/Meysen 2006, S. 2/3f). Die zentrale Vorschrift ist der § 1666<br />

Abs. 1 BGB. Diese nennt vier das Kindeswohl gefährdende Sachverhalte (vgl. Ernst 2008,<br />

S. 77f; vgl. Schmid/Meysen 2006, S. 2/1; vgl. Vlasak 2008, S. 103):<br />

missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge (z. B. körperliche Misshandlung, sexueller<br />

Missbrauch)<br />

Vernachlässigung des Kindes (z. B. mangelnde Pflege, nachhaltige schwere Ernährungsfehler,<br />

Mangel an Konversation und anregenden Erfahrungen, mangelnde Förderung<br />

des Spracherwerbs, Abhalten des Kindes vom Besuch der Schule)<br />

Unverschuldetes Versagen der Eltern (z. B. Gefährdung durch eine psychische Erkrankung<br />

der Eltern oder extrem religiöse Einstellung)<br />

Verhalten eines/einer Dritten (Unfähigkeit, das Kind vor einem Dritten zu schützen, z.<br />

B. vor Gewaltausübung des Partners der Mutter)<br />

„Wenn ein oder mehrere der vier genannten Tatbestandsmerkmale zu einer Gefährdung<br />

des Kindeswohls führen und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden<br />

(BGB) bzw. Hilfen zur Gewährleistung des Kindeswohls anzunehmen (SGB<br />

VIII), so hat das Familiengericht zur Abwendung der Gefahr die erforderlichen Maßnahmen<br />

zu treffen (§ 1666 Abs. 1 BGB)“ (Schmid/Meysen 2006, S. 2/1).<br />

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