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WENN MAMA UND PAPA ANDERS SIND

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Risiko- und Schutzfaktoren im Leben der Kinder von Eltern mit geistiger Behinderung<br />

Gleichzeitig sollte danach gefragt werden, ob eine Rollenumkehr ebenfalls Chancen für die<br />

kindliche Entwicklung mit sich bringen kann (vgl. Sanders 2008, S. 170). Es ist anzunehmen,<br />

dass einige Kinder durch die Übernahme „erwachsenentypischer“ Aufgaben über ein<br />

hohes Maß an Selbstverantwortlichkeit verfügen und demzufolge mehr Vertrauen in ihre<br />

Handlungskompetenzen haben. Parentifizierung kann daher ebenfalls als Umverteilung der<br />

familiären Aufgaben verstanden werden und weniger als Umkehr der Identität. Die Rollen<br />

der Familienmitglieder bleiben somit bestehen (vgl. Sanders 2008, S. 170).<br />

Diskriminierung und Tabuisierung der elterlichen Behinderung<br />

Gesellschaftliche Abwertungs- und Ausgrenzungsprozesse gegenüber Menschen mit Behinderungen<br />

sind nicht nur als eine hohe Belastung für die Eltern zu verstehen, sondern<br />

ebenfalls für deren Kinder (vgl. Sanders 2008, S. 170). Diese Belastung zieht sich meist<br />

durch den gesamten Lebensverlauf. In den biografischen Interviews von Prangenberg (vgl.<br />

2002) reflektieren erwachsene Kinder mit geistig behinderten Eltern auf der persönlichen<br />

Ebene Stigmatisierungen und Diskriminierungen. Diese zeigten sich überwiegend darin,<br />

dass die betreffenden Kinder in der Schule oder in der Nachbarschaft beschimpft, gehänselt,<br />

ungerecht behandelt und abgewertet wurden. Auf der institutionellen Ebene (vgl. Sanders<br />

2008, S. 171) wurden beispielsweise Anliegen in Behörden zum Teil nicht ernst genommen.<br />

Jene erwachsenen Kinder reflektierten, dass sie häufig Intoleranz wahrnahmen.<br />

Ihnen wurde oft unterstellt, dass sie als Nachkommen von Sonderschülern ohnehin nicht in<br />

der Lage wären, Aufgaben zu bewältigen. Ebenfalls zeigte sich, dass betroffene Kinder auf<br />

der ökonomischen Ebene (vgl. Sanders 2008, S. 171) gesellschaftlich ausgeschlossen wurden,<br />

da Menschen mit einer geistigen Behinderung meist sozioökonomisch benachteiligt<br />

und durch entsprechende Folgeerscheinungen geprägt sind (vgl. Prangenberg 2002, S. 59).<br />

Selbst als Erwachsene werden Kinder geistig behinderter Eltern mit Vorurteilen konfrontiert.<br />

Nicht nur ihre Eltern werden abgewertet, sondern sie selbst werden als etwas „Besonderes“<br />

etikettiert (vgl. Sanders 2008, S. 171). Die gesellschaftliche Tabuisierung der elterlichen<br />

Behinderung schränkt die Kinder im sozialen Kontakt ein. Sie sind unsicher, wie sie<br />

die Behinderung ihrer Eltern anderen gegenüber thematisieren sollen. Daher unterliegen<br />

sie einem Spannungsfeld zwischen Ablehnung und Anerkennung. Beide Reaktionen bedingen<br />

jedoch, dass andere Menschen distanziert bleiben, ohne Interesse an den tatsächlichen<br />

Erfahrungen zu zeigen (vgl. Sanders 2008, S. 171f).<br />

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