Das Wahrnehmungs - Luftwaffe
Das Wahrnehmungs - Luftwaffe
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Aktiviertheit weit „nach rechts“ ausgewandert<br />
ist?<br />
<strong>Das</strong> erste für einen Außenstehenden<br />
markante Anzeichen für eine<br />
übermäßige und deshalb leistungsschädigende<br />
Erregung eines anderen,<br />
ist dessen stark reduzierte Sprechfähigkeit<br />
bis hin zur Sprachlosigkeit 15 .<br />
Natürlich spürt der Betroffene weitere<br />
deutliche Anzeichen, wie zum Beispiel<br />
einen erhöhten Puls, Schweißabsonderungen<br />
und Muskelverspannungen,<br />
die mit dem Verlust der Feinmotorik<br />
einhergehen. Doch diese Merkmale<br />
bleiben dem Außenstehenden weitestgehend<br />
verborgen. Im weiteren<br />
Verlauf des Abwanderns nach<br />
„rechts“ folgen in der Regel sehr<br />
schnell geistige Lähmung mit anschließender<br />
absoluter Handlungsunfähigkeit.<br />
In manchen zivilen Fluggesellschaften<br />
hat sich deshalb die DUAL CHAL-<br />
LENGE RULE durchgesetzt, die da besagt:<br />
Sobald ein Besatzungsmitglied<br />
auf zweimalige Ansprache, oder in<br />
einer Notsituation auf einmalige Ansprache<br />
hin, nicht reagiert, wird dessen<br />
momentane Flugunfähigkeit unterstellt,<br />
unabhängig von der momentanen<br />
wahrgenommenen Aufgabe oder<br />
allgemeinen Funktion an Bord.<br />
Diese Regel bezieht menschlich<br />
Normales mit ein und versucht nicht<br />
dagegen anzuarbeiten. Fragen hierarchischer<br />
Grundsätze treten in den<br />
Hintergrund - ein Aspekt, der sicherlich<br />
hier und da Stirnrunzeln hervorrufen<br />
wird. Nichtsdestotrotz gibt es<br />
keine vernünftige Alternative dazu,<br />
denn Sprachlosigkeit bei dem einen<br />
und hierarchischer Unterwerfungsdruck,<br />
bis hin zur Selbstaufgabe,<br />
I/2002 FLUGSICHERHEIT<br />
bei dem anderen, haben nachweislich<br />
viel zu oft zur Katastrophe<br />
geführt.<br />
<strong>Das</strong> Aktivationsmodell vermittelt ein<br />
besseres Verständnis dafür, aus welchen<br />
Gründen es unter anderem<br />
unbedingt erforderlich ist,<br />
- Personal, welches Teil des Geschehens<br />
ist, an allen wichtigen<br />
Informationsflüssen teilhaben zu<br />
lassen,<br />
- systematische Arbeitsabläufe zeitgerecht<br />
durchzuführen,<br />
- Zeiten des Leerlaufs interessiert<br />
mit Routinearbeiten oder allgemeinem<br />
Informationsaustausch zu<br />
füllen,<br />
- jedes einzelne Besatzungsmitglied<br />
wahrzunehmen und dessen Leistung<br />
durch Bestätigung und Anerkennung<br />
zur Kenntnis zu nehmen,<br />
- jede Frage sachgerecht zu beantworten,<br />
- unklare Situationen zu erläutern<br />
und den „Plan B“ aufzuzeigen,<br />
- eigene Fehler unaufgefordert anzusprechen,<br />
- Vorhaben möglichst anzukündigen,<br />
- „Gates“ zu setzen und einzuhalten.<br />
Aktivation ist Voraussetzung dafür,<br />
um unsere Umwelt sachgerecht, insbesondere<br />
grenzwertig, wahrzunehmen<br />
und gleichzeitig angemessen reagieren<br />
zu können. Zu hohe Beanspruchung<br />
kann das Vorzeichen der<br />
Leistungsfähigkeit abrupt umkehren<br />
und „the way out“ versperren.<br />
Neben der Prävention, die den<br />
Leistungseinbruch bei zunehmender<br />
Aktiviertheit vermeiden soll, gibt es in<br />
der akuten Situation nur zwei<br />
Möglichkeiten die Umklammerung<br />
phsychophysiologischer Lähmung<br />
abzustreifen.<br />
1. Die reale Befreiung aus der<br />
Situation.<br />
2. Die mentale Befreiung aus der<br />
Situation durch angemessene<br />
Umbewertung nach guter Kommunikation.<br />
Denken und Erinnern<br />
Denken ist Ordnung.<br />
Denken macht das Nichtbeobachtbare<br />
beobachtbar. Denken ist aber<br />
auch Aufmerksamkeit, Erinnern, Urteilen,<br />
Vorstellen, Planen, Entscheiden,<br />
Problemlösen und das Mitteilen von<br />
Ideen. Dazu zählen alle geistigen Vorgänge,<br />
die 16<br />
a. zielgerichtet sind,<br />
b. nicht allein auf das Entdecken<br />
und Erkennen von Reizen beschränkt<br />
sind,<br />
c. nicht allein auf das Speichern<br />
oder das Abrufen von Fakten im<br />
bzw. aus dem Gedächtnis beschränkt<br />
sind und<br />
d. - teilweise als Folge davon - das<br />
Verarbeiten von Fakten erforderlich<br />
machen.<br />
Allerdings denkt man meist nicht<br />
nur einfach so, sondern man denkt<br />
um bestimmte Ziele zu erreichen, die<br />
sich aus dem Wertsystem oder aus der<br />
aktuellen Motivation des Einzelnen<br />
ergeben 17 . Damit hat Denken nur eine<br />
dienende Funktion, es hilft bei der<br />
Realisierung von Absichten. 18<br />
„ 19 <strong>Das</strong> Hegen guter Absichten ist<br />
allerdings eine äußerst anspruchslose<br />
Geistestätigkeit. Mit dem Entwerfen<br />
von Plänen zur Realisierung der hehren<br />
Ziele sieht es anders aus. Dafür<br />
braucht man Intelligenz. Die Hochschätzung<br />
der guten Absicht allein ist<br />
keineswegs angebracht, im Gegenteil.<br />
Leute mit guten Absichten haben<br />
gewöhnlich nur geringe Hemmungen,<br />
die Realisierung ihrer Ziele in Angriff zu<br />
nehmen. Ist es nicht oft gerade das<br />
Bewusstsein der „guten Absicht“,<br />
welches noch die fragwürdigsten<br />
Mittel heiligt?“. 20<br />
Der Weg zu Unfällen ist gepflastert<br />
mit guten Absichten und Motiven 21 !<br />
Der Aspekt „Motive“ wird in einer<br />
gesonderten Abhandlung dieser Ausgabe<br />
erörtert.<br />
Freies Denken ist nur unter folgenden<br />
Bedingungen möglich:<br />
- freie Erkundung der Außenwelt<br />
mit ungehinderter Informationsaufnahme,<br />
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