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Das Wahrnehmungs - Luftwaffe

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Aufgabe“ als Maßstab dafür, die<br />

„situative Günstigkeit“ zu bewerten.<br />

1. Beispiel:<br />

Der Verband befindet sich im Auftrage<br />

der UNO im Einsatz und findet<br />

eine klare Auftragslage, eine definierte<br />

Leistungsanforderung an jeden einzelnen<br />

und einen geregelten Ablauf vor.<br />

Die Strukturiertheit der Aufgabe ist<br />

hoch und deshalb ist auch die „Situation“<br />

für eine hohe Leistungsfähigkeit<br />

der Gruppe extrem günstig, denn:<br />

- jeder kennt genau seine Rolle und<br />

die Anforderungen an seine Person,<br />

- jeder beherrscht die ihm übertragene<br />

Aufgabe,<br />

- jeder ist anerkannt und wichtig.<br />

In dieser Situation fördert aufgabenorientiertes<br />

Führungsverhalten die<br />

Leistungsfähigkeit der Gruppe, weil<br />

jeder seinen (wichtigen) Beitrag leisten<br />

will und die Auswirkungen seines<br />

eigenen Handelns unmittelbar wahrnehmen<br />

kann.<br />

2. Beispiel:<br />

Der Verband wird ad hoc zum Katastropheneinsatz<br />

abgestellt, die Lage<br />

ist weitestgehend unklar.<br />

Die Strukturiertheit der Aufgabe ist<br />

niedrig und deshalb ist die „Situation“<br />

für eine hohe Leistungsfähigkeit der<br />

Gruppe extrem ungünstig, denn:<br />

- niemand weiß so recht, was von<br />

ihm verlangt werden wird,<br />

- die Wichtigkeit und Bedeutung<br />

der eigenen Aufgabe wird noch<br />

nicht überblickt,<br />

- der Einzelne braucht noch Orientierung.<br />

In dieser Situation fördert aufgabenorientiertes<br />

Führungsverhalten die<br />

Leistungsfähigkeit der Gruppe ebenso,<br />

weil in der „Findungsphase“ Sachargumente<br />

wichtiger sind als gutgemeinte,<br />

freundliche, aber inhaltslose<br />

Äußerungen, die in unklaren Situationen<br />

eher als wenig hilfreiche Belanglosigkeiten<br />

empfunden werden.<br />

3. Beispiel:<br />

Der Verband nimmt an einer Großübung<br />

teil, die meisten Fakten sind<br />

bekannt. Unklarheiten entstehen nur<br />

aus dem Tagesgeschehen.<br />

Die Strukturiertheit der Aufgabe ist<br />

mäßig und deshalb ist auch die<br />

„Situation“ für eine hohe Leistungsfähigkeit<br />

der Gruppe mäßig günstig,<br />

denn:<br />

- jeder weiß, dass das Geforderte<br />

vermutlich geleistet werden kann,<br />

- Abgrenzungen der wahrzunehmenden<br />

Rolle werden noch nicht<br />

ganz klar gesehen.<br />

In dieser Situation fördert vor allem<br />

kameradschaftliches Führungsverhalten<br />

die Leistungsfähigkeit der Gruppe,<br />

weil erhöhte soziale Wahrnehmung<br />

die Leistungsbereitschaft steigert,<br />

wenn die genaue Aufgabe noch nicht<br />

exakt definiert ist.<br />

Die genannten Beispiele können in<br />

das Cockpit hinein und auf eine<br />

Besatzung projiziert werden, aber<br />

auch in alle anderen Bereiche, in<br />

denen „an der Person“ geführt wird.<br />

Diese Zusammenhänge können in<br />

Erinnerung zurückgerufen werden,<br />

wenn es vielleicht einmal darum<br />

gehen sollte, möglichen Konflikten bei<br />

der Durchsetzung von Verantwortung<br />

in unterschiedlich strukturierten Situationen<br />

begegnen zu wollen.<br />

Deshalb:<br />

In kritischen (extremen) Situationen<br />

des Flugbetriebes bestimmt<br />

nicht der Grad an durchgesetzter<br />

Autorität die Aussicht auf Erfolg,<br />

sondern das Maß an Sachbezogenheit,<br />

mit der ein Problem gelöst<br />

wird.<br />

In „normalen“, ausgeglichenen<br />

(mäßig günstigen) Situationen,<br />

bestimmt das Maß an sozialer<br />

Wahrnehmung und echter Zuwendung,<br />

ob die Leistungsfähigkeit<br />

einer Gruppe hoch bleibt.<br />

Wechselt die Situation, muss Führungsverhalten<br />

angepasst werden –<br />

soweit nichts Neues! Diese Fähigkeit<br />

wird von einem in Verantwortung stehenden<br />

Führer verlangt. Nur dann<br />

kann er auch für eigenes Handeln<br />

guten Gewissens einstehen, denn er<br />

hat die Handlungsverantwortung anderer<br />

nicht durch unpassendes Führungsverhalten<br />

negativ beeinflusst.<br />

Wenn es denn in Wirklichkeit nur<br />

so leicht wäre – im „richtigen“ Leben<br />

sind die Zusammenhänge noch vielschichtiger<br />

und daher komplizierter.<br />

Ohne weitere Modelle und Theorien<br />

ansprechen zu wollen, muss an dieser<br />

Stelle jedoch der Hinweis gegeben<br />

werden, dass neuere Forschungen sich<br />

grundlegend von den älteren Modellen<br />

unterscheiden. Es ist mittlerweile<br />

belegt, dass es keinen Grund gibt, wie<br />

in früheren Modellen unterstellt, anzunehmen,<br />

Führer verhielten sich immer,<br />

allem und jedem gegenüber in jeder<br />

Situation gleich 27 . Tatsache ist, dass in<br />

Gruppen ein sehr vielschichtiges, interaktives<br />

Beziehungsgeflecht zwischen<br />

allen Beteiligten besteht 28 und die<br />

Ausgangssituation für ein angemessenes,<br />

bevorzugtes Führungsverhalten<br />

dadurch nicht leichter wird.<br />

Verantwortungskompetenz<br />

im Flugbetrieb<br />

Verantwortung zu übernehmen ist<br />

das eine; Verantwortungskompetenz<br />

zu erwerben ist das andere.<br />

Was steckt hinter dieser plakativen<br />

Aussage?<br />

Jede Kompetenz muss erworben<br />

werden – sie überträgt sich nicht von<br />

selbst aus einmal in der Theorie<br />

Erlerntem in dynamische und komplexe<br />

Realanforderungen hinein. Sachbezogene<br />

Aus- und Weiterbildung im<br />

konkreten und relevanten Umfeld ist<br />

erforderlich, um allgemeingültige Ansätze<br />

/ Theorien im täglichen Dienstgeschäft<br />

angemessen einsetzen zu lernen.<br />

Vielleicht kann auf diesem Sektor<br />

das Ausbildungskonzept noch weiter<br />

verbessert werden, denn es gibt nicht<br />

überall Ausbildungsgänge zum Kdt, es<br />

gibt keinen Schwarmführerlehrgang<br />

und es gibt noch nicht überall den<br />

EinsatzStOffz-Lehrgang. Dort könnte<br />

Verantwortungskompetenz system-<br />

64 I/2002 FLUGSICHERHEIT

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