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Das Wahrnehmungs - Luftwaffe

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Rahmen des erwähnten Auslandseinsatzes,<br />

fand der LFF einen Geländeabschnitt<br />

vor, der dem seiner Problemphase<br />

im Rahmen seiner fliegerischen<br />

Ausbildung sehr ähnlich war. Seine<br />

unbewusste Wahrnehmung setzte das<br />

dem damals Erlebten angehaftete<br />

Gefühl frei und beeinflusste so das<br />

Wohlbefinden des LFF nachhaltig. Es<br />

gibt viele Beispiele für objektiv unbegründete<br />

Beunruhigung.<br />

Ungeachtet dessen überwiegen die<br />

Vorteile unbewusster Wahrnehmung,<br />

weil in den meisten Fällen situationsangemessene<br />

Schablonen abgelegt<br />

wurden. <strong>Das</strong> Sprachrohr unbewusster<br />

Wahrnehmung ist unsere Körperreaktion.<br />

Es gibt geteilte Meinungen darüber,<br />

wie und in welchem Umfang darauf<br />

gehört werden sollte. 19 Eines ist<br />

jedoch sicher: wer die Hinweise seines<br />

Organismus, die durch unbewusste<br />

Wahrnehmung hervorgerufen werden,<br />

nicht als Auslöser dafür nutzt,<br />

den Verstand einzuschalten, um der<br />

„Sache” systematisch auf den Grund<br />

zu gehen, der verzichtet auf die<br />

Einbeziehung eines wesentlichen Teils<br />

seiner Lebenserfahrung und verspielt<br />

so eine gute Chance, Grenzen früher<br />

erkennen und anerkennen zu können.<br />

Obwohl Grenzen anzuerkennen<br />

potentiell überlebenswichtig ist, wollen<br />

wir diese manchmal gar nicht wahr<br />

haben.<br />

<strong>Wahrnehmungs</strong>abwehr<br />

Die Hypothese der <strong>Wahrnehmungs</strong>abwehr<br />

besagt, dass für unangenehme<br />

<strong>Wahrnehmungs</strong>gegenstände<br />

die Erfassungsschwelle gegenüber<br />

neutralen erhöht ist. 20 Nach wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen bleibt<br />

das Konzept der <strong>Wahrnehmungs</strong>abwehr<br />

umstritten, weil man sich über<br />

die Jahre aus verschiedenen Gründen<br />

auf keinen allgemein anerkannten<br />

Testaufbau und auf keine allgemein<br />

gültige Theorie dazu einigen konnte.<br />

So bleibt eben doch ein Zweifel, ob es<br />

<strong>Wahrnehmungs</strong>abwehr unter den<br />

I/2002 FLUGSICHERHEIT<br />

oben zitierten Bedingungen gibt oder<br />

nicht.<br />

Schauen wir jedoch in unser tägliches<br />

Leben, so finden wir viele Beweise<br />

dafür, dass bestimmte, meist<br />

unangenehme Informationen in der<br />

Wahrnehmung und dem daraus resultierenden<br />

Verhalten, manchmal keine<br />

angemessene Wirkung zeigen.<br />

Der Volksmund deutet auch auf<br />

dieses Phänomen wenn er sagt: „Da<br />

musste ich doch noch Mal hinhören”,<br />

oder „als ich das sah, wollte ich meinen<br />

Augen nicht trauen”, oder als er<br />

davon hörte, dass sein „Entwurf”<br />

nicht akzeptiert wurde, „verdrehte er<br />

die Augen”, um nicht hinschauen zu<br />

müssen, denn „nicht sein kann, was<br />

nicht sein darf”.<br />

In der Fliegerei zeigt sich das Phänomen<br />

dergestalt, dass, obwohl viele<br />

Parameter auf innehalten und neubewerten,<br />

auf abbrechen und umkehren,<br />

oder auf Fragen nach Einschätzung<br />

anderer stehen, der Vorgang<br />

nicht neu bewertet, nicht abgebrochen<br />

und auch nicht neu diskutiert<br />

wird. Gute und wichtige, neue Informationen<br />

werden weder bewusst verarbeitet,<br />

noch unbewusst über Körperreaktionen<br />

zu Kenntnis genommen<br />

– Informationen, die man vor Antritt<br />

gerne gehabt und verarbeitet hätte.<br />

Hierin liegt ein Problemfeld, das an<br />

anderer Stelle ausführlicher erörtert<br />

wird. 21<br />

An dieser Stelle soll es genügen<br />

darauf zu verweisen, dass es so etwas<br />

wie <strong>Wahrnehmungs</strong>abwehr gibt und<br />

dass diese Abwehr vermutlich dazu<br />

dient, das „mentale Modell” 22 des<br />

Einzelnen zu schützen und zu stabilisieren.<br />

Niemand lässt gerne von seiner<br />

Vorstellung über die Welt, in der er<br />

sich gerade bewegt, los.<br />

Diese Vorstellung wird auch mit<br />

Energieeinsatz verteidigt und sie ist<br />

manchmal nachhaltig stärker als WAR-<br />

NINGS, CAUTIONS, sonstige deutlichen<br />

äußeren Hinweise, Anmerkungen<br />

und Zurufe – manchmal viel zu<br />

lange, um mit Flugbetrieb vereinbar zu<br />

sein.<br />

Eine Begründung dafür: Wir bleiben<br />

so gerne der einmal wahrgenommenen<br />

Situation verhaftet, weil uns<br />

die Evolution angemessen ausstattete,<br />

den jeweiligen Moment wahrzunehmen,<br />

jedoch nur sehr bedingt dafür<br />

ausstattete, eine Entwicklung in die<br />

Zukunft vorhersehen zu können. Ereignisse<br />

vorhersehen zu wollen, stellt<br />

sich regelmäßig als „Ressourcenfresser”<br />

dar.<br />

Aber <strong>Wahrnehmungs</strong>abwehr ist<br />

nicht die einzige Täuschung, der wir<br />

beim Vorgang der Wahrnehmung<br />

unterliegen können.<br />

<strong>Wahrnehmungs</strong>verzerrung<br />

Wie bereits mehrfach erwähnt, ist<br />

menschliche Wahrnehmung das Ergebnis<br />

eines Prozesses. Dabei ist es<br />

uns in aller Regel möglich, sofern es<br />

sich um bewusste Wahrnehmung<br />

handelt, den auslösenden Reiz zu<br />

identifizieren und, auf der anderen<br />

Seite, das Ergebnis, die Empfindung,<br />

also die Wahrnehmung zu beschreiben.<br />

Der Weg dorthin bleibt ein mehr<br />

oder weniger großes Rätsel.<br />

Alle physikalischen Reize, die<br />

Rezeptoren jenseits der Reizschwelle<br />

aktiviert haben, werden auf dem Weg<br />

zum Bewusstsein eingefärbt und für<br />

eine individuelle Wahrnehmung aufbereitet.<br />

Diese Aufbereitung hängt<br />

von vielen Faktoren ab, wie zum<br />

Beispiel der Lebenserfahrung, den<br />

Einstellungen, dem Temperament, den<br />

jeweiligen Motiven, der subjektiven<br />

Bedrohung usw. Die Vielfältigkeit<br />

möglicher Kombinationen solcher<br />

Faktoren ist so reichhaltig, wie es der<br />

Anzahl der Menschen dieser Erde entspricht.<br />

Daraus geht hervor, dass dann,<br />

wenn Zwei das Gleiche zur gleichen<br />

Zeit und nebeneinander beobachten,<br />

die jeweilige Wahrnehmung sehr<br />

wahrscheinlich unterschiedlich sein<br />

wird.<br />

Die Welt des einen ist nie zu 100%<br />

identisch mit der Welt des anderen.<br />

Diese Vorgänge sind normal und<br />

17

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