Das Wahrnehmungs - Luftwaffe
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andes nicht müde wird, immer wieder<br />
deutlich zu vermittelt, wie er sich<br />
Auftragserfüllung in seinem Verband<br />
vorstellt und wie er die Kultur seines<br />
Verbandes sieht. Flugsicherheit ist vor<br />
allem eine Führungsaufgabe! 6<br />
Erlernte Hilflosigkeit<br />
Wie bereits dargestellt, ist die personellen<br />
Trennung von Tätigkeitsspielraum<br />
einerseits und Entscheidungsund<br />
Kontrollspielraum andererseits,<br />
ein entscheidender Faktor, an dem<br />
sich, je nach Ausprägung, der Grad an<br />
potentieller Sicherheit direkt ablesen<br />
ließe.<br />
Wenn jegliche Handlungsalternative<br />
im engen Rahmen einer Tätigkeit,<br />
für die eine Entscheidung erforderlich<br />
ist, zunächst genehmigt werden muss,<br />
bzw. erst „auf Zuruf“ ausgeführt werden<br />
darf, weil „man“ keine Fehler<br />
mehr macht, respektive keine Fehler<br />
anderer mehr duldet, führt das bei<br />
überdauernder Einwirkung zu einer<br />
Situation subjektiv erlebter Hilflosigkeit,<br />
die bereits aus sich selbst heraus<br />
beim Betroffenen zu erhöhtem Stresserleben<br />
führen kann 7 .<br />
Wenn nun eine solche Situation gegeben<br />
ist, weil:<br />
Arbeitsteilungskonzepte dies so<br />
vorsehen, oder<br />
Rollenverständnisse von Besatzungsangehörigen<br />
ein solches<br />
Verhalten erzwingt, oder<br />
das Arbeitsklima, welches von<br />
gegenseitigem Misstrauen geprägt<br />
ist, dazu führt,<br />
kann also davon ausgegangen werden,<br />
dass es sich für den Betroffenen<br />
um ein überdauerndes Erleben<br />
subjektiver Hilflosigkeit handelt<br />
und<br />
dass er sich dieser ihn schädigenden<br />
Situation nicht entziehen<br />
kann, verfügt er also über<br />
keine für ihn passende Lösungsstrategie<br />
in der zwischenmenschlichen<br />
Auseinandersetzung,<br />
dann wird er, der Betroffene,<br />
Schaden nehmen 8 , sofern er nicht in<br />
der Lage ist, den „Dauerstress“ abzuwenden<br />
9 .<br />
Beobachtungen zeigen, dass der so<br />
Geschädigte zunächst mit Aktivität<br />
und Widerstand, aber auch mit Aggressivität<br />
dagegenhält und, nach<br />
einer längeren Erfahrung der Erfolglosigkeit,<br />
mit „erlernter Hilflosigkeit“<br />
reagiert.<br />
Sowohl der Weg zur „erlernten Hilflosigkeit“,<br />
als auch das Verhalten in<br />
„erlernter Hilflosigkeit“, sind im Flugbetrieb<br />
auf jeden Fall höchst problematisch.<br />
Schauen wir uns um, wir<br />
sind nicht frei von solchen Beobachtungen.<br />
Natürlich gibt es auch Bereiche<br />
in unserer Bevölkerung, in<br />
denen „erlernte Hilflosigkeit“ im Berufsleben<br />
nicht negativ empfunden<br />
wird und diese auch keinerlei Schaden<br />
anrichtet, weil der Drang, sich mit<br />
ganzer Person und ganzem Herzen<br />
einzubringen, nicht besonders stark<br />
ausgeprägt ist; Nach dem Motto: der<br />
„Job“ bringt mir das Geld und das<br />
war es dann auch. Lfz-Besatzungen,<br />
Lfz-Techniker und Flugsicherungspersonal<br />
sollten nicht dazu gehören 10 .<br />
Dem geschilderten Phänomen kann<br />
in zweierlei Hinsicht begegnet werden,<br />
indem die Handlungsspielräume<br />
nach obiger Definition angepasst<br />
werden, und<br />
indem die soziale Unterstützung<br />
verbessert wird 11 .<br />
Wie viel Handlungsspielraum verträgt<br />
sich mit Flugbetrieb?<br />
Handlungsspielraum im Flugbetrieb<br />
Die Aufgaben in einem Lfz sind verteilt,<br />
die Rollen der Besatzungsangehörigen<br />
sind, je nach Lfz-Muster, Funktion<br />
und Teilstreitkraft (TSK), unterschiedlich<br />
genau definiert und zugewiesen<br />
– eigentlich dürfte nichts passieren,<br />
eigentlich müsste alles klar sein.<br />
Doch wie es in Wirklichkeit manchmal<br />
um Zusammenarbeit, um Kooperation,<br />
oder auch um Vertrauen in die<br />
Leistungsfähigkeit des anderen stehen<br />
kann, weiß jeder aus eigener Erfahrung<br />
und aus Erzählungen. Sehr oft<br />
haben wir es in diesen Fällen mit einer<br />
Art „Mischverhalten“ aus den verschiedenen<br />
Rollen heraus zu tun, insbesondere<br />
nachdem die Steuerführung<br />
übergeben worden ist und damit<br />
prinzipiell auch die Aufgaben komplett<br />
auf den jeweils anderen übergegangen<br />
sein sollten 12 Ausgangspunkt ist<br />
dabei oft der vwt LFF, der zwar die<br />
Aufgaben des anderen gerne übernimmt,<br />
aber seine eigenen Aufgaben,<br />
nach dem Rollentausch, nur partiell<br />
abgibt. Einige Beispiele:<br />
FLB / LÜB ohne Aus- oder Weiterbildungsauftrag<br />
13 .<br />
„Alte Hasen“ gegenüber „jungen<br />
Leuten“, wenn manches<br />
nicht sofort perfekt zustande<br />
kommt.<br />
Besatzungen, die üblicherweise<br />
daran gewöhnt sind ohne zweiten<br />
LFF zu fliegen 14 , beim Nachtflug<br />
jedoch gemeinsam fliegen<br />
müssen 15 .<br />
Der Steuerführende, der als „verlängerter<br />
Arm“ des vwt LFF angesehen<br />
wird 16 , gleichsam durch<br />
jedes Verfahren „getalkt“ wird,<br />
bzw. bei dem immer Mal ohne<br />
besonderen Anlass „mitgefühlt“<br />
wird.<br />
Angemessener Handlungsspielraum<br />
für das eigene Tun im vorgesehenen<br />
Rahmen aktiviert dagegen Ressourcen<br />
unmittelbar, weil<br />
Kapazitäten richtig einsetzt werden<br />
Beanspruchung reduziert wird<br />
Leistungsbereitschaft erhöht<br />
wird,<br />
das gegenseitige Vertrauen in die<br />
jeweilige Leistungsfähigkeit des<br />
anderen wächst,<br />
Ansatzpunkte für Weiterbildung<br />
erkannt werden,<br />
das Erleben einer gemeinsam<br />
bewältigten anspruchsvollen Aufgabe<br />
Zufriedenheit vermittelt.<br />
Wird Handlungsspielraum aufgabenbezogen<br />
ermöglicht, ist in keiner<br />
Weise Autorität oder Führungsverantwortung<br />
untergraben; im Gegenteil:<br />
Erst der gewährte Handlungs-<br />
60 I/2002 FLUGSICHERHEIT