21.11.2013 Aufrufe

Das Wahrnehmungs - Luftwaffe

Das Wahrnehmungs - Luftwaffe

Das Wahrnehmungs - Luftwaffe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

wahrgenommen, dürfte der Anschluss<br />

an diese Gruppe problemlos gelingen.<br />

Werden diese Leistungen jedoch<br />

noch nicht deutlich erkennbar<br />

erbracht und ist der Drang, schnell<br />

dazu gehören zu wollen, stärker ausgeprägt,<br />

als es der Zuwachs an<br />

Leistungsfortschritt rechtfertigt, kann<br />

es beim Anschlusssuchenden zu einer<br />

<strong>Wahrnehmungs</strong>verzerrung kommen,<br />

die über den wahren, objektiven<br />

Leistungsstand hinweg täuscht und<br />

ein Gefühl des „eigentlich Dazugehörens”<br />

aufkommen lässt. Die<br />

Beweisführung vor sich selber und den<br />

anderen wird dadurch erbracht, dass<br />

punktuell vermeintliche Leistungsspitzen<br />

erbracht werden, die als statistisches<br />

Mittel eines eigentlich hohen<br />

Niveaus und damit als „Eintrittskarte”<br />

angesehen werden; objektive Defizite<br />

werden „weg rationalisiert”.<br />

Ein anderes Problem tritt auf, wenn<br />

die Anschlussperson bzw. die Anschlussgruppe<br />

die Meßlatte für den<br />

Anschluss hoch legt und hoch hält,<br />

um den Preis für einen Anschluss teuer<br />

zu gestalten. Die „Eintrittskarte“ für<br />

die Aufnahme in bzw. für den<br />

Anschluss an den elitären Kreis wird<br />

„ausgestellt”, wenn eine nachhaltige<br />

Beeindruckung stattgefunden hat.<br />

Unausgesprochen, vielleicht mit einem<br />

Augenzwinkern, wird der Anschluss<br />

vollzogen. Danach eröffnen sich für<br />

den ehemals Anschlusssuchenden<br />

Einblicke in Interna, die den Charakter<br />

von Informationen einer geheimbündlerischen<br />

Subkultur aufweisen.<br />

Natürlich war das in den letzten drei<br />

Absätzen Geschriebene völlig übertrieben.<br />

Dennoch sollte angemerkt<br />

werden, dass dynamische Prozesse<br />

dieser Art in früherer (damaliger) Zeit<br />

nicht ausgeschlossen waren. Als Lehre<br />

daraus darf nicht in Vergessenheit<br />

geraten, dass es die Kultur eines<br />

Verbandes ist, die so etwas ermöglicht<br />

bzw. sogar stillschweigend fördert,<br />

aber auch ausschließt.<br />

Menschen allgemein, aber natürlich<br />

auch Besatzungsangehörige und<br />

andere Angehörige des fliegerischen<br />

I/2002 FLUGSICHERHEIT<br />

Umfeldes, können über das Anschlussmotiv,<br />

durchaus unbewusst, in<br />

eine Situation abgleiten, die ihrem realen<br />

und objektiven Leistungsstand<br />

nicht entspricht. Dadurch werden<br />

Grenzen potentiell, aber auch real<br />

überschritten und Risiken verkannt.<br />

Es darf nicht unerwähnt bleiben,<br />

dass Luftfahrzeugbesatzungen, die an<br />

Einsätzen unter realer Bedrohung teilgenommen<br />

haben, weitestgehend<br />

nicht unter den geschilderten Symptomen<br />

im Flugbetrieb leiden. Jeder<br />

Teilnehmer hat vor sich und anderen<br />

bewiesen, dass er das Geforderte gut<br />

und auftragsgerecht leisten konnte –<br />

es bedarf keines weiteren Beweises.<br />

Nach hiesiger Beobachtung ist<br />

heutzutage ein zwischenmenschlich<br />

harmonisches und angemessenes<br />

Hineinwachsen in das geforderte<br />

Leistungsprofil weitestgehend gegeben,<br />

gerade vor dem Hintergrund realer<br />

Einsätze. Es bleibt die Frage zu diskutieren,<br />

wie dieses in sich ruhende,<br />

realitätsorientierte und stabile Gruppengefühl<br />

auch außerhalb von realen<br />

Einsätzen aufrecht erhalten werden<br />

kann.<br />

<strong>Das</strong> Machtmotiv<br />

Die richtungsweisenden Beobachtungen<br />

auf einem Hühnerhof im Jahre<br />

1922 11 brachten es ans Tageslicht. Es<br />

gibt eine Hierarchieform, in der Macht<br />

ungestraft ausgeübt werden kann.<br />

Diese Rückschlüsse aufgrund von<br />

Beobachtungen wurden über die<br />

Jahre bis heute weiter untersucht und<br />

auf das vielfältige Verhalten von<br />

Menschen übertragen.<br />

Neutral ausgedrückt beruhen Phänomene<br />

der Macht auf der Unvereinbarkeit<br />

von Zielen verschiedener Personen<br />

und Gruppen oder von Mitteln<br />

zur Zielerreichung.<br />

Der Begriff „Macht” hat einen eher<br />

negativen Beigeschmack, weil er<br />

gewöhnlich mit folgenden Vorstellungen<br />

verbunden wird:<br />

Zwang<br />

Unterdrückung<br />

Gewalt<br />

ungerechtfertigte Herrschaft<br />

Er hat in der Realität jedoch nicht<br />

weniger mit positiven bzw. nicht negativen<br />

Phänomenen zu tun, wie:<br />

legitimierte Herrschaft<br />

Autorität<br />

anerkannter Führung<br />

Einflussnahme<br />

Erziehung<br />

Interessenausgleich<br />

Gruppenzusammenhalt<br />

Aus dieser Gegenüberstellung wird<br />

ein Problemfeld zwischen notwendigem<br />

Machthandeln und wahrgenommener<br />

Machtausübung deutlich. Eine<br />

angemessene Einordnung im täglichen<br />

Leben verlangt von beiden Seiten<br />

Augenmaß in der Anwendung und<br />

Einsicht in die Notwendigkeit, in<br />

bestimmten Grenzen Macht ausüben<br />

zu müssen bzw. Machtausübung zu<br />

akzeptieren. Ohne kontrollierte und<br />

angemessene Machtstrukturen kann<br />

sich kein soziales Gebilde stabilisieren.<br />

Leider werden die Grenzen angemessener<br />

Machtausübung nicht<br />

immer eingehalten. <strong>Das</strong> ist vor allen<br />

dann der Fall, wenn eine Person oder<br />

eine Gruppe übertrieben nach Macht<br />

und Überlegenheit strebt und dabei<br />

berechtigten Widerstand anderer<br />

unterdrückt.<br />

Eine Machtstruktur kann sich unter<br />

folgenden Bedingungen entwickeln:<br />

1. Motivation des Machthandelnden.<br />

Sie entwickelt sich unter der<br />

Bedingung, dass der Bedürfniszustand<br />

eines potentiell Machtausübenden<br />

(Person A) nur dann<br />

befriedigt werden kann, wenn<br />

ein anderer (Person B) ein ganz<br />

bestimmtes Verhalten zeigt.<br />

2. Widerstand.<br />

Person B, deren Verhalten zur<br />

Befriedigung des Bedürfnisses<br />

der Person A erforderlich ist,<br />

muss sich widersetzen.<br />

3. Machtquellen.<br />

DerWiderstandmobilisiertMachtquellen<br />

bei Person A. Diese<br />

könne sich aus persönlichen 12<br />

53

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!