Das Wahrnehmungs - Luftwaffe
Das Wahrnehmungs - Luftwaffe
Das Wahrnehmungs - Luftwaffe
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und wieder selber Opfer des Rubikon-<br />
Effekts war.<br />
Wer dieses Phänomen kennt, für<br />
den gewinnt die Forderung nach<br />
Handlungskontrolle an Bedeutung,<br />
denn nur durch strikte Kontrolle der<br />
eigenen Gedanken 29 kann die Wahrscheinlichkeit,<br />
dem Rubikon-Effekt zu<br />
verfallen, reduziert werden, können<br />
Grenzen leichter und rechtzeitig erkannt<br />
werden und Ressourcen werden<br />
nicht ungewollt verschüttet.<br />
Handlungskontrolle 30<br />
Eine Strategie zur willentlichen<br />
Entscheidungs- und Handlungskontrolle<br />
könnte wie folgt aussehen:<br />
Aufmerksamkeitskontrolle<br />
Mich interessieren im Moment<br />
nur die sachbezogenen Informationen;<br />
Persönliches wird bewusst<br />
ausgeblendet 31 :<br />
„first things first“.<br />
Motivationskontrolle<br />
Ich will das Sachproblem lösen,<br />
unabhängig von den Folgen für<br />
mich:<br />
„was ist jetzt wichtig; nicht: wem<br />
muss ich einen Gefallen tun?“<br />
Emotionskontrolle<br />
Emotionen sind auch Ergebnis<br />
aktueller Bewertungsprozesse.<br />
Ich bin sicher, dass ich die gestellte<br />
Aufgabe lösen kann, weil ich<br />
es kann und ich habe Vertrauen<br />
in das System:<br />
„Atem- Entspannungstechnik<br />
und Zuversicht in die eigene<br />
Leistungsfähigkeit“<br />
Handlungsorientierte Misserfolgskontrolle<br />
Ich setze mir erreichbare Ziele.<br />
Misserfolgen hänge ich nicht<br />
nach, sondern ich orientiere mich<br />
nach vorn auf der Grundlage<br />
meiner Ressourcen:<br />
„Welche Möglichkeiten bietet<br />
mir das Verbliebene?“<br />
Umweltkontrolle<br />
Ich begebe mich nur in ein Szenario,<br />
dessen Grenzen ich identifiziert<br />
habe und für das ich<br />
I/2002 FLUGSICHERHEIT<br />
immer einen Ausweg habe:<br />
„Steuere Dich nur in Situationen,<br />
von denen Du genau weißt, wie<br />
Du wieder raus kommst!“<br />
Ergebnisorientierte<br />
Informationsverarbeitung<br />
Ich vermeide übermäßig langes<br />
Abwägen von Handlungsalternativen.<br />
Im Zweifel entscheide ich<br />
auf einer Ebene höherer Kategorie:<br />
„Welcher Schritt ist der Schritt<br />
zur sicheren Seite?“<br />
Diese Strategie, die in allen Punkten<br />
faktisch gleichzeitig eingebracht werden<br />
muss, verlangt den ganzen Menschen<br />
mit all seinen unersetzbaren<br />
menschlichen Fähigkeiten. Ist er in der<br />
Lage, diese Strategie zur Handlungskontrolle<br />
bedingungslos einzusetzen,<br />
hat er eine sehr hohe Chance, in allen<br />
Lagen auf Leistungsanforderungen<br />
jeglicher Art angemessen reagieren zu<br />
können.<br />
Dennoch bleibt immer ein Quäntchen<br />
Unsicherheit.<br />
Entscheidungen<br />
unter Unsicherheit 32<br />
Entscheidungen finden oft „unter<br />
Unsicherheit“ statt. Im allgemeinen ist<br />
damit gemeint, dass für den Entscheider<br />
die möglichen Konsequenzen<br />
der Optionen unsicher sind, weil diese<br />
auch von anderen, von ihm nicht kontrollierbaren<br />
Ereignissen abhängig<br />
sind. Unsicherheiten können sich auf<br />
folgende Komplexe beziehen:<br />
Ereignisse und Zustände,<br />
Tatsachen und Informationen,<br />
Argumente und Gründe,<br />
Ziele und Werte und<br />
die Unsicherheit selbst.<br />
Ist jemand bezüglich seiner Entscheidung<br />
unsicher, so sollte man meinen,<br />
dass er auf konkrete Wahrscheinlichkeiten<br />
bzw. Algorithmen zur Berechnung<br />
von Wahrscheinlichkeiten<br />
zurückgreifen würde, um einer optimalen<br />
Entscheidung näher kommen<br />
zu können. Einschlägige Studien der<br />
vergangenen 25 Jahre belegen, dass<br />
sich der Mensch in unsicheren Situationen<br />
anders verhält – er folgt seiner<br />
(individuellen) Intuition.<br />
Intuition setzt dort ein, wo keine<br />
klaren Vorstellungen über Konsequenzen<br />
für das eigene Handeln bestehen<br />
33 , wo wir nicht ganz genau wissen,<br />
wie sich eine Situation aufgrund<br />
unserer Entscheidung entwickeln wird.<br />
Für komplexe, dynamische Abläufe<br />
gilt, dass stets ein mehr oder weniger<br />
kleiner Teil der Vorhersage, über das,<br />
was geschehen wird, unklar bleibt.<br />
Damit verbunden bleibt folglich auch<br />
immer ein kleiner Rest an Intuitionserfordernis,<br />
um überhaupt entscheidungsfähig<br />
zu bleiben. Deshalb kann<br />
prinzipiell angenommen werden, dass<br />
keine Entscheidung ohne Intuition<br />
möglich ist. Es stellt sich lediglich die<br />
Frage, wie viel Intuition unschädlich ist<br />
und ab wann Intuition mit Flugbetrieb<br />
nicht mehr vereinbar ist. In diesem Zusammenhang<br />
ist es erforderlich, die<br />
Besonderheiten menschlicher Intuition<br />
kurz herauszustellen.<br />
Menschen neigen dazu, aufgrund<br />
einer individuellen, inneren grundlegenden<br />
Ordnungsstruktur Situationen<br />
und ihre Entwicklung intuitiv zu beurteilen<br />
und unterliegen dabei Fehleinschätzungen;<br />
hier einige Beispiele:<br />
die Überschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
unwahrscheinlicher<br />
Ereignisse<br />
die Unterschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
wahrscheinlicher<br />
Ereignisse<br />
die Überschätzung der Wirkung<br />
von Bestrafung<br />
die Unterschätzung der Wirkung<br />
von Belohnung<br />
Beeinflussung durch die Lebhaftigkeit<br />
einer Erinnerung<br />
Beeinflussung durch überproportionale<br />
Hinwendung zu einem<br />
relativ seltenen Problem<br />
unrealistische Ereignisverknüpfungen<br />
Fehleinschätzung numerischer<br />
Größen<br />
Fehlerhafte und unzureichende<br />
Vorstellungen allgemein<br />
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