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Das Wahrnehmungs - Luftwaffe

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fenster, den Mindestbedingungen.<br />

Die Entscheidung des Kdt<br />

Übungsanflüge durchzuführen,<br />

führte dazu, dass Reservekraftstoffleichtfertig<br />

1 verbraucht wird:<br />

Soll der LFF Widerspruch einlegen<br />

und dürfte er das überhaupt?<br />

Der Flugauftragserteilende und<br />

Nachtflugleiter eines Hubschrauberverbandes<br />

entscheidet sich für<br />

die Durchführung eines Nachtfluges<br />

bei 30%iger Eintreffwahrscheinlichkeit<br />

von flugausschließenden<br />

Wettererscheinungen<br />

(moderate ice in snow showers):<br />

Dürfen die Nachtflugteilnehmer<br />

diese Entscheidung hinterfragen<br />

oder wäre es sogar deren Pflicht?<br />

Der Kdt entscheidet sich für einen<br />

Startabbruch jenseits der Startabbruchgeschwindigkeit:<br />

Hätte ein Besatzungsangehöriger,<br />

unabhängig von der Aufgabe<br />

an Bord, wenn auch vielleicht<br />

nur verbal, eingreifen müssen?<br />

Diese wenigen Beispiele aus dem<br />

Flugunfall – und Zwischenfallgeschehen<br />

verdeutlichen die Notwendigkeit,<br />

folgenden Fragen nachzugehen:<br />

Wo liegen die Grenzen eigener Entscheidungskompetenz?<br />

BiszuwelcherGrenzemüssen Entscheidungen<br />

hingenommen werden,<br />

wo ist die Schmerzgrenze?<br />

Wann bin ich für Handlungen anderer<br />

verantwortlich?<br />

Wo wird Autorität durch Widerspruch<br />

untergraben und wie viel<br />

Widerspruch verträgt eine Hierarchie?<br />

Wann bin ich als Besatzungsangehöriger<br />

schuldig im Sinne einer<br />

Dienstpflichtverletzung?<br />

Wie können Erkenntnisse zur<br />

Thematik aufgearbeitet und vermittelt<br />

werden?<br />

Letztlich obliegen die Antworten<br />

den Truppenführern. Der vorliegende<br />

Beitrag versucht Hintergründe aufzuhellen,<br />

Vorurteile durch Definitionen<br />

und Sprachregelung abzubauen, sowie<br />

Hinweise für einen möglichen Um-<br />

gang mit FV und HV im Flugbetrieb zu<br />

geben.<br />

Definitionen<br />

Auftragsbezogener Flugbetrieb in<br />

einem militärischen Umfeld, nicht selten<br />

unter erhöhten Risiken und bisweilen<br />

unter realer Bedrohung, unterliegt<br />

außerordentlich vielen Sachzwängen,diejenseits<br />

der„normalen“Durchführung<br />

von Flugbetrieb nach dem<br />

Luftverkehrsgesetz liegen. Er benötigt<br />

deshalb in ganz besonderem Maße<br />

eine Struktur, die der objektiven Arbeitssituation<br />

im und für das „Cockpit“<br />

angepasst ist und angemessene<br />

Kontrollmöglichkeiten bietet.<br />

Die Auseinandersetzung mit den<br />

Fragen nach FV und HV verlangt eine<br />

Beschäftigung mit Begriffen die zwar<br />

bekannt sind, in ihrer Bedeutung jedoch<br />

zugunsten einer einheitlichen<br />

Sprachregelung definiert werden müssen.<br />

Kontrolle<br />

Mit Kontrolle ist nicht der Begriff<br />

aus dem Führungsvorgang als klassischen<br />

„Soll-Ist-Vergleich“ im Rahmen<br />

von Dienstaufsicht gemeint. Hier ist<br />

die Übersetzung des englischsprachigen<br />

Wortes „control“ gemeint, das<br />

Kontrolle „... als in dem Maße gegeben<br />

sieht, in dem eine Person oder<br />

eine Gruppe über die Möglichkeiten<br />

verfügt, relevante Bedingungen und<br />

Tätigkeiten entsprechend eigener<br />

Ziele, Bedürfnisse und Interessen zu<br />

beeinflussen“. Kontrolle wird als Eigenkontrolle<br />

aufgefasst, indem es<br />

sowohl um die Beeinflussung der Bedingungen<br />

als auch der eigenen<br />

Tätigkeit geht; diese Beeinflussung findet<br />

immer in Bezug auf ein Ziel statt<br />

und kann zwischen objektiver Kontrolle<br />

(wirklich vorhanden) und subjektiver<br />

Kontrolle (ich könnte, wenn ich<br />

müsste) unterschieden werden 2 .<br />

Drei Begriffe sind in diesem Kontext<br />

wesentlich:<br />

Freiheitsgrad<br />

... ist die Möglichkeit, zwischen<br />

unterschiedlichen, aber etwa gleich<br />

effizienten, Handlungsstrategien auswählen<br />

zu können, die alle zu der<br />

Erledigung des Auftrages führen. Ein<br />

aufwendiger Umweg ist also nicht als<br />

Freiheitsgrad zu interpretieren.<br />

Tätigkeitsspielraum<br />

... wird als Möglichkeit gesehen,<br />

unterschiedliche Handlungsvollzüge<br />

innerhalb einer Aufgabe ausführen zu<br />

können. Damit sind alle bewussten<br />

(nach kognitiver Leistung), aber auch<br />

weitestgehend unbewussten („skill<br />

based behavior 3 “) Einzelhandlungen<br />

gemeint, die eine gegebene Situation<br />

erfordert und die zielgerichtet ausgeführt<br />

werden.<br />

Zum Beispiel der Anlassvorgang,<br />

der bewusst und streng strukturiert<br />

(wenn auch bisweilen individuell)<br />

durchgeführt wird, oder der Endanflug<br />

zur Landung, der in seiner Anforderung<br />

an motorische Abläufe meist<br />

unbewusst gesteuert wird und nach<br />

„fließenden Momentbewertungen 4 “<br />

aus der Situation heraus bestimmt<br />

wird (rechts oder links am Hindernis<br />

vorbei). Gemeint ist der Spielraum in<br />

einer hierarchisch horizontalen Entscheidungsebene<br />

eines einzelnen Entscheidungsbereichs.<br />

Entscheidungsspielraum<br />

... benennt den vertikalen Spielraum,<br />

der die Entscheidungen über<br />

Strukturierungen der Auftragserfüllung<br />

meint (wer, macht was, wann?)<br />

wird aber auch in engen Grenzen prinzipiell<br />

von jedem wahrgenommen, der<br />

Handlungsverantwortung übernehmen<br />

soll (wie mache ich was?).<br />

... wird bei Handlungsvollzügen (s.<br />

o.) erforderlich, die mit Freiheitsgraden<br />

(s. o.) gekoppelt sind.<br />

Führungsverantwortung<br />

Wird häufig durch ein Prinzip der<br />

Delegation angestrebt, welches so<br />

gestaltet ist, dass die Rechte und die<br />

Verantwortungen des Handelnden<br />

dem Umfang der Aufgabe entsprechend<br />

übertragen werden. (Stichwort:<br />

58 I/2002 FLUGSICHERHEIT

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