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Das Wahrnehmungs - Luftwaffe

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I/2002 FLUGSICHERHEIT<br />

rationale Kosten-Nutzen-Analysen<br />

durchführen, die vergleichsweise viel<br />

Zeit beanspruchen, hält unser Organismus<br />

auch eine Abkürzung bereit, um<br />

schnell zu angemessenen Ergebnissen<br />

eines unter Zeitdruck stehenden<br />

Entscheidungsprozesses zu kommen.<br />

Gefühle zeigen uns die Hauptrichtung<br />

für eine beabsichtigte Vorgehensweise<br />

an, indem die Auseinandersetzung<br />

mit der einen Option ein<br />

angenehmes bis neutrales Gefühl auslöst,<br />

die Auseinandersetzung mit einer<br />

anderen Option ein eher ungutes<br />

Gefühl bewirkt. So können durchaus<br />

Entscheidungen schnell mit hoher<br />

Treffsicherheit herbeigeführt werden,<br />

ohne dass der Weg zur Entscheidung<br />

genau nachvollziehbar erklärt werden<br />

könnte.<br />

Emotionen sind das Sprachrohr des<br />

Unbewussten 38 und sie haben einen<br />

tiefen Anker. Unsere gesamte interne<br />

Werteordnung und Lebenserfahrung<br />

teilt sich auf diesem Weg mit. Wer<br />

Emotionen nie zulassen möchte, blendet<br />

seine gesamte Lebenserfahrung<br />

aus; ob das wohl hilfreich ist? Er<br />

würde gleichsam, im übertragenen<br />

Sinne versuchen, den Deckel auf einen<br />

Topf mit siedendem Wasser zu<br />

drücken, um den Austritt von Dampf<br />

zu verhindern – ein aussichtsloses Vorhaben.<br />

Dennoch ist Vorsicht geboten,<br />

denn:<br />

Gefühle können übermächtig<br />

werden, alle anderen Gedanken<br />

verdrängen und uns lähmen. Dies<br />

trifft vor allem auf Angstgefühle<br />

zu.<br />

Gefühle können unkontrolliert<br />

ausbrechen. Vor allem Wutausbrüche,<br />

aber auch maßlose Sympathiebekundungen<br />

helfen uns<br />

in aller Regel nicht weiter, sondern<br />

zeigen nur eines: dass wir<br />

unbeherrscht sind.<br />

Wir können auch „falsche“ Gefühle<br />

haben. Eine gefährliche<br />

Situation erscheint uns harmlos,<br />

einen Mitmenschen, auf den wir<br />

dringend angewiesen sind, finden<br />

wir unsympathisch und lehnen<br />

seine Hilfe ab.<br />

Deshalb sind emotionalisierte Situationen<br />

im Flugbetrieb schlechte Ratgeber,<br />

denn „reine“ Gefühle entfalten<br />

eine ungute Eigendynamik. Dennoch<br />

müssen wir uns mit den Emotionen arrangieren,<br />

sie sind Teil unseres Wesens.<br />

Emotionen sollen dort, wo sie hilfreich<br />

sind und in dem Maße, wie es<br />

angemessen ist, auch zugelassen werden,<br />

weil Emationen ein wichtiger<br />

Ratgeber sein können. Wie fühle ich<br />

mich z.B. dabei:<br />

wenn ich beabsichtige, außerhalb<br />

der Norm zu handeln?<br />

wenn ich mich zur Landung entschlossen<br />

habe und eigentlich<br />

immer noch nicht geklärt ist, wo<br />

genau mein Notfalllandestreifen<br />

verläuft?<br />

wenn ich an einem Freitag mit<br />

ausgefallenem Fahrtmesser den<br />

Heimflug antrete?<br />

wenn ich in einer Wolke versuche,<br />

die Formation wieder einzunehmen,<br />

obwohl ich zuvor den<br />

Sichtkontakt zum „lead“ verloren<br />

hatte?<br />

Die Liste in Anlehnung an reales<br />

Zwischenfall- Unfallgeschehen könnte<br />

durchaus fortgesetzt werden. Was<br />

verbindet nun die angedeuteten Vorkommnisse?<br />

Eines war bei den Betroffenen<br />

sicherlich gleich. Im Moment des Entschlusses<br />

fühlten alle eine gewisse<br />

Unsicherheit, ein gewisses<br />

Unbehagen und sie haben dennoch<br />

gehandelt wie sie gehandelt haben.<br />

<strong>Das</strong> Gefühl der Unsicherheit war nicht<br />

so stark ausgeprägt, dass die jeweilige<br />

Absicht aufgegeben wurde. Heute<br />

wissen wir es und die Betroffenen<br />

wissen es auch – man hätte den<br />

Entschluss abändern, sich an Fakten<br />

und Grundsätze halten müssen. Die<br />

unbewusste Wahrnehmung hatte das<br />

längst erkannt und versucht,<br />

Verbindung aufzunehmen, was<br />

jedoch durch mentale „Leistung“<br />

unterdrückt wurde und deshalb nicht<br />

gelang.<br />

Die „emotionale Erdung“ war verloren<br />

gegangen, fand nicht den Weg<br />

ins Bewusstsein und konnte es deshalb<br />

nicht verhindern, Grenzen frühzeitig<br />

zu erkennen.<br />

Was sollte aus dem Bauch heraus<br />

entschieden werden?<br />

wenn schnell ein brauchbares Ergebnis<br />

erzielt werden muss,<br />

wenn über menschliche Beziehung<br />

zu entscheiden ist,<br />

wenn eine Entscheidung unter<br />

großer Unsicherheit entschieden<br />

werden muss.<br />

Was sollte überwiegend rational<br />

entschieden werden?<br />

komplexe Probleme, die erst einmal<br />

strukturiert werden müssen,<br />

wenn es auf Genauigkeit und<br />

Präzision ankommt,<br />

wenn der Eindruck entstanden<br />

ist, voreingenommen zu sein.<br />

Nun soll doch noch ein Modell vorgestellt<br />

werden.<br />

Ein Entscheidungsmodell<br />

Nach allem, was bisher dargestellt<br />

worden ist, könnte der Eindruck entstanden<br />

sein, dass wir es uns mit<br />

Entscheidungsfindungsprozessen bisweilen<br />

schwer machen. Zu viele Faktoren,<br />

die nicht immer hilfreich sind,<br />

spielen eine Rolle. Dennoch befreit uns<br />

niemand von der Notwendigkeit, laufend<br />

Entscheidungen zu treffen. Entscheidungsstrukturen<br />

helfen bei diesem<br />

Problem.<br />

<strong>Das</strong> folgend aufgeführte Entscheidungsmodell<br />

soll stellvertretend für so<br />

viele andere systematisch aufgebauten<br />

Entscheidungsfindungsmodelle kurz<br />

dargestellt werden. So, oder so ähnlich,<br />

findet jeder sachgerechte<br />

Entscheidungsvorgang statt.<br />

Es gilt das Prinzip:<br />

viel Zeit – detailliert mit vielen<br />

Fakten;<br />

wenig Zeit – grober mit weniger<br />

Fakten, dafür jene von übergeordneter<br />

Bedeutung.<br />

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