Predigten Pastor Moser 2006 - Alsterbund
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Evangelisch-Lutherische<br />
Paul-Gerhardt Gemeinde<br />
Hamburg-Winterhude<br />
in der<br />
E. Felix <strong>Moser</strong><br />
<strong>Pastor</strong><br />
Predigt am Sonntag Rogate<br />
21. Mai <strong>2006</strong><br />
Predigttext: Kolosser 4,2-4<br />
Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksagung! Betet zugleich auch für uns,<br />
dass Gott uns eine Tür für das Wort auftue und wir das Geheimnis Christi sagen können, um<br />
dessentwillen ich auch in Fesseln bin, damit ich es offenbar mache, wie ich es sagen muss.<br />
Liebe Gemeinde!<br />
Vor zwei Tagen hatte ich ein Taufvorgespräch. Es war in verschiedener Hinsicht ein ganz<br />
typisches: Die Eltern haben keine besonders starke Beziehung zu Gottesdienst und Kirche,<br />
aber die Geburt ihres Kindes haben sie als etwas Besonderes erlebt. Ihre Dankbarkeit ist so<br />
groß, dass sie Ausdruck finden soll. In der Taufe wollen wir Gott danken für dieses Kind.<br />
Aber es gibt ein Problem: Der, der eigentlich Pate hätte werden sollen, ist nicht mehr Mitglied<br />
der Kirche. Wir kommen darüber ins Gespräch. Ich frage nach den Gründen. Zwei seien es<br />
eigentlich gewesen, sagt der Betreffende. Nie habe er Gott mit seinen persönlichen Angelegenheiten<br />
behelligt, aber zweimal, als es wirklich nötig war, habe er mit aller Kraft gebetet:<br />
einmal, als der Vater schwer erkrankte, zum anderen Mal, als die Arbeitsstelle in Gefahr war.<br />
Der Vater sei verstorben, der Arbeitsplatz ging verloren. Danach sei er aus der Kirche ausgetreten.<br />
Die Enttäuschung war allzu groß.<br />
Die Erfahrung, die hier im Taufgespräch anklingt, ist, glaube ich, gar nicht so selten. Viele<br />
von Ihnen werden sie so oder so ähnlich aus Gesprächen im Freundes- und Familienkreis<br />
kennen. Es sind vielfach sehr bittere und ernstzunehmende Erfahrungen. Sie decken Verletzungen<br />
auf, die behutsam und doch gründlich zu bearbeiten sind. Sie decken aber auch<br />
noch etwas anderes auf, nämlich ein fatales Fehlverständnis von dem, was Beten ist. Beten<br />
– das ist für manche das Aufsagen eines Wunschzettels (der „liebe Gott“ hört es und erfüllt<br />
dann umgehend, was wir so dringend begehren). Oder auch, um es noch stärker auf den<br />
Punkt zu bringen; viele halten das Gebet für eine Art Fallschirm im Notkoffer des Lebens. In<br />
höchster Not (kurz vor dem Aufprall sozusagen) kann man dann die Reißleine ziehen – und<br />
wird gerettet. In der Tat, Gebetserhörungen solcher Art gibt es. Aber wir müssen doch ehrlich<br />
sein: das sind Ausnahmen. Wer sie zur Regel erheben will, der wird enttäuscht werden.<br />
Das ist der Punkt, an dem uns der heutige Predigttext weiterhelfen will. Er will uns zu einer<br />
Art des Betens führen, die nicht enttäuscht. Das wichtigste Wort steht gleich am Anfang:<br />
Seid beharrlich im Gebet! Beharrlichkeit – mit Sicherheit eine der Tugenden, die es heute<br />
besonders schwer haben. Die Vielfalt der Angebote vor allem in der Freizeitgestaltung legen<br />
anderes nahe: Probiere aus; erlebe möglichst viel; schöpfe deine Möglichkeiten aus; gönn dir<br />
die Abwechslung...<br />
Und was in der Freizeit gilt, im Beruflichen vielleicht sogar notwendig wird, schlägt sich auch<br />
im Partnerschaftlichen nieder: Lange und feste Beziehungen, das gemeinsame Durch-Dickund-Dünn-Gehen<br />
werden immer seltener. Ruhelosigkeit und Unzufriedenheit sind die fatalen<br />
Folgen im Alltäglichen. Erst recht fatal wird es im Blick auf Glaube und Gebet. Denn ohne<br />
Beharrlichkeit kann da nichts wachsen.