Predigten Pastor Moser 2006 - Alsterbund
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Evangelisch-Lutherische Seite 2 E. Felix <strong>Moser</strong><br />
Paul-Gerhardt Gemeinde<br />
<strong>Pastor</strong><br />
Hamburg-Winterhude Predigt am 26.11.06<br />
Häusern wohnen, die sie selbst gebaut haben und werden gut leben von dem, was sie gesät<br />
und geerntet haben. Ein großer, ein allumfassender Friede wird sein (sogar in der Natur).<br />
Wie mögen solche Worte gewirkt haben auf seine Zuhörer? Nur als Vertröstung auf rosige<br />
Aussichten eines sehr fernen Tages? Oder ist es Jesaja gelungen, seine Zuhörer aufzurütteln<br />
sie aus ihrer Resignation herauszuholen?<br />
Sicher, das was Jesaja hier vorträgt, ist Zukunftsmusik. Aber dabei klingen besondere Töne<br />
an; Töne, die einladen mit zu musizieren. Ob es die Kinder oder die Alten sind, die Wohnhäuser<br />
oder die Felder – Jesaja nennt das beim Namen, was alle bewegt. Seine Zuhörer<br />
merken: sein Bild vom Paradies ist kein Wolkenkuckucksheim, das ist tatsächlich unser<br />
Land, es ist unsere Stadt, wir sind es, um die es hier geht. Das setzt Kräfte frei, das lässt<br />
neue Hoffnung wachsen. Die Menschen merken: Es muss nicht alles beim Alten bleiben.<br />
Versöhnen, etwas verändern, etwas neu einrichten ... das geht anfangs vielleicht nur in sehr<br />
kleinen Schritten, aber durch Jesajas Bild hat es eine Perspektive gewonnen. In seiner Zukunftsmusik<br />
ist es Teil einer Melodie.<br />
Wie geht es Ihnen mit Jesajas Zukunftsmusik?<br />
Erst einmal glaube ich, dass die verbreitete Stimmung im Land heute gar nicht so verschiedene<br />
ist von der zu Zeiten Jesajas. Auch heute sehen viele schwarz, wenn es um die Zukunft<br />
geht. Da ist zum einen der eigene Schmerz, eigenes Leiden, unverarbeitete Trauer, die<br />
den Blick nach vorn trüben. Zum anderen aber (und das noch viel mehr!) ist es das Leiden<br />
an der Welt.<br />
Zweidrittel der Weltbevölkerung hungert, die natürlichen Ressourcen (Öl, Wasser ...)<br />
schwinden; immer neue Krisenherde entstehen, die Kämpfe in den bestehenden werden<br />
immer erbitterter; die Klimakatastrophe spitzt sich zu, aber die Weltklimakonferenz endet ohne<br />
ein Ergebnis ... Kein Wunder, dass wir schwarz sehen im Blick auf die Zukunft – und<br />
„schwarz“ sehen heißt ja nichts anderes als: nichts sehen.<br />
Die Prophetenworte sind aber (über die Jahrtausende hinweg) auch an uns gerichtet. Auch<br />
wir sollen aufgerüttelt werden. Dabei fällt mir schon das erste kleine Wort des Textes ins Auge:<br />
„siehe“, steht da. Das ist wie eine Art Vorzeichen! Vielleicht erinnern sie es aus dem Mathematikunterricht<br />
früher: So ein Vorzeichen vor einer Klammer war wie ein stilles Ausrufungszeichen.<br />
Es stand über allem, was folgte, gab allem einen neuen Wert.<br />
„Siehe“ durchzieht hundertfältig die biblische Verkündigung – so als müssten wir immer wieder<br />
darauf aufmerksam gemacht werden: Es geht um verborgene Wirklichkeiten; um das,<br />
was sich nicht auf den ersten Blick erschließt, sondern was man erst im Nachdenken und im<br />
zweiten Hinsehen erkennt.<br />
Sieh auf Gott; öffne deine Augen für Gottes gute Pläne mit dir und der Welt! Lass dich nicht<br />
gefangen nehmen von Schwarzseherei und Schwarzmalerei! Wer im Glauben schaut, dem<br />
öffnet sich der Horizont und das schon in dieser Welt. Das Vertrauen zu Gott gibt Kraft für<br />
Visionen und Träume; die wiederum beflügeln das eigene Handeln. Wir wollen uns darauf<br />
einlassen und die Einladung annehmen (auch wenn sich der Realitätssinn des modernen<br />
Menschen noch so dagegen sperrt!)<br />
Zudem ist die Zukunftsmusik des Jesaja doch erstaunlich realistisch. Mit seinem Paradiesbild<br />
verspricht er uns nicht das Ende des Sterbens, wohl aber ein gesegnetes Sterben. Das<br />
ist nicht utopisch. Im Gegenteil: gerade hier können wir gute Zeichen sehen. Das Bewusstsein<br />
dafür, dass kein Mensch isoliert und allein gelassen sterben soll, ist in wenigen Jahren<br />
enorm gewachsen. Die Hospizbewegung ist ein gutes Beispiel dafür: Die Spendenbereitschaft<br />
ist groß, immer mehr Häuser werden eröffnet, immer mehr Menschen sind bereit, andere,<br />
auch fremde, im Sterbeprozess zu begleiten. Das gilt auch im Blick auf jene, die noch<br />
vor wenigen Jahren im Leben wie im Sterben allzu oft ausgegrenzt wurden, aidskranke Menschen<br />
etwa. Auch ihnen wird mehr und mehr die Gemeinschaft zuteil, die Gott verspricht –<br />
Gemeinschaft in den eigenen Familien und Hospizen.<br />
Dann spricht der Prophet vom Wohnen in den Häusern und dem Genießendürfen der eigenen<br />
Ernte. Für uns mag das selbstverständlich sein, für viele Menschen in Afrika und Süd-