Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern
Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern
Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Einleitung: Möglichkeiten und Grenzen der <strong>Familienpolitikanalyse</strong> 19<br />
3. Zur Entstehung familienbezogener Politik<br />
In der Politikwissenschaft haben sich im Rahmen der sog. Politikfeldforschung Studien etabliert,<br />
welche die Entstehung von politischen Maßnahmen zu analysieren und erklären suchen.<br />
Die Fachbegriffe für diesen Gegenstand sind Programm- oder Politikentwicklung. Im Hinblick<br />
auf das oberste Ziel eines professionalisierten Dokumentationssystems <strong>zur</strong> Unterstützung<br />
der Programmentwicklung in familienbezogenen Politikbereichen sind im wesentlichen<br />
drei Dimensionen zu diskutieren: die sozialwissenschaftliche Beratung von Politik, der Familienbegriff<br />
und die familienbezogenen politischen Zielsetzungen.<br />
Bevor diese einzelnen Gesichtspunkte behandelt werden, soll kurz auf ihren Zusammenhang<br />
hingewiesen werden: Kurz gesagt, behandeln sie die ideelle Dimension der Programmentwicklung,<br />
die man von der institutionellen oder materiellen abgrenzen könnte. Zielsetzungen,<br />
die Definition des Gegenstandsbereichs „Familie“ und die Weiterentwicklung der Situationsdefinitionen<br />
politischer Akteure durch sozialwissenschaftliche Politikberatung gehören aus<br />
diesem Grund zusammen.<br />
Diese Zuordnung gilt prinzipiell für alle denkbaren Politikfelder. Hinsichtlich des politischen<br />
Gegenstands „Familie“ kommt hinzu, daß er in spezifischer Weise definitionsbedürftig ist<br />
(Walter 1993). Familienpolitische Zieldefinitionen müssen mit einer Umschreibung derjenigen<br />
Sozialformen beginnen, die als Familien angesehen werden. In diesem Sinn hat Kurt Lüscher<br />
verschiedentlich (z.B. 1988) Familienpolitik durch den Bezug auf gesellschaftlich anerkannte<br />
Sozialformen definiert, die durch öffentliche Maßnahmen erst gesellschaftliche Anerkennung<br />
und Förderung erfahren.<br />
Ebenso läßt sich sagen, daß Familienpolitik sehr stark von Zieldefinitionen abhängt. „Familienpolitische<br />
Diskurse beginnen normalerweise mit Zielformulierungen“, konstatiert Kaufmann<br />
(1990: 156). Mit anderen Worten: Familienpolitik ist „ideenlastig“; sie ist institutionell<br />
und materiell weniger konsolidiert als andere Politikbereiche. Dementsprechend muß auch eine<br />
erweiterte Analyse familienbezogener Politik diesem Zusammenhang Rechnung tragen.<br />
Daran schließt sich unmittelbar die Funktion der sozialwissenschaftlichen Beratung der entsprechenden<br />
familienbezogenen Politikbereiche an. Sie besteht im wesentlichen in einer Systematisierung<br />
der Zielvorgaben (Walter 1995). Dieser spezifisch auf Familienpolitik bezogene<br />
enge Zusammenhang zwischen Familiendefinition, Zielfindung und sozialwissenschaftlicher<br />
Politikberatung ist ein Erbe der kontinentaleuropäischen Tradition der öffentlichen Behandlung<br />
von Familie.<br />
Da die katholisch-konservativen Wohlfahrtsstaaten (Esping-Andersen 1990) „Familie“ in ihrer<br />
sozialpolitischen Bedeutung und als Teil der Wohlfahrtsproduktion bestimmen, ergibt sich<br />
daraus eine Spannung zu „Familie“ als einem Feld der privaten Lebensführung. Unabhängig<br />
von der Zuschreibung von Verantwortlichkeit an Familien entwickeln sich Familien als privater<br />
Lebensbereich relativ autonom. Daher muß familienbezogene Politik immer neu auf die<br />
Bedürfnisse und Anforderungen von Familien ausgerichtet werden, wozu ein ausgebautes<br />
System der sozialwissenschaftlichen Politikberatung notwendig ist.<br />
Sozialwissenschaftliche Politikberatung in diesem Bereich dient also im wesentlichen der<br />
Systematisierung der Vorstellungen von Familie und der Zielsetzung der Politik. Aus ver-