Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern
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44 <strong>ifb</strong> - <strong>Materialien</strong> 4-98<br />
„symbolische Politik“, [...] in welcher sich ‘Selbstdarstellungen’ von politischen Akteuren<br />
mit ‘Argumenten’, ‘emotionalen Appellen’, ‘Wirklichkeitskonstruktionen’ und ‘Agenda-Setting-Effekten’<br />
begegnen [...]“ (Klages 1988: 155).<br />
Die in den Reden im Rahmen „ideologisch geprägter Vorgaben“ (Münch) oder „symbolischer<br />
Politik“ (Klages) kommunizierten Leitbilder sind schwächer ausgeprägt als Normen.<br />
Aber auch wenn Familien- oder Frauenleitbilder nur eine unklare normative Orientierung darstellen,<br />
können sie als Definitionsversuche staatlicherseits anerkannt werden, die bestimmen<br />
sollen, welche Lebensformen als Familie angesehen werden und welche nicht. Lampert bestimmt<br />
das Familienleitbild als die<br />
„[...] Summe der in einer Gesellschaft bei den Gesellschaftsmitgliedern und im politischen<br />
Bereich vorfindbaren Vorstellungen darüber, wie die Familie in bezug auf ihre wesentlichen<br />
Merkmale [...] verfaßt und gestaltet sein soll“ (Lampert 1996: 11).<br />
Allerdings muß die unzulässige Annahme der Übereinstimmung von Leitbildern im politischen<br />
Bereich und bei den Gesellschaftsmitgliedern dahingehend relativiert werden, daß beispielsweise<br />
Familienleitbilder nur einen Definitionsversuch darstellen, Vorstellungen und<br />
Ziele bezüglich Familie komprimiert zusammenfassen. Eine allgemeine Definition von Leitbildern<br />
bietet Walter:<br />
„Einerseits ist eine solche Vorstellung ‘Bild’, d.h. eine Gestalt zusammenhängender E-<br />
lemente (Leitbild-Elemente), die relativ kompakt zu einem Vorstellungsinhalt verbunden<br />
werden [...] Eine Leitvorstellung wird dieses Bild durch ‘normative Überhöhung’; sie<br />
wird positiv bewertet, prominent herausgestellt und durch Wiederholung einprägsam<br />
gemacht. Die persuasive Intention kann man als Vorbild-gebend und sittenprägend bezeichnen“<br />
(Walter 1993: 10).<br />
Fragt man nun, welche Bedeutung etwa kommunizierte Familienleitbilder vor dem Hintergrund<br />
eines familienpolitischen Diskurses haben, rückt das Konzept der Familienrhetorik in<br />
den Mittelpunkt der Betrachtung. Die öffentlich bewertende und normative Repräsentation<br />
etwa von Familienleitbildern ist vor allem im Bereich der Familienpolitik feststellbar. Die zu<br />
analysierenden Reden können ein Teil dieser Familienrhetorik sein: Familienrhetorik beinhaltet<br />
„[...] Texte, Bilder und Reden, denen das Bemühen zugrunde liegt, ‘die’ Familie bzw.<br />
spezifische Formen von Familie (bzw. familiale Verhaltensweisen) öffentlich zu bewerten<br />
und sie als vorbildlich oder unerwünscht darzustellen“ (Lüscher 1995: 52).<br />
Damit umfaßt Familienrhetorik zugleich auch soziale Prozesse der Anerkennung von Familie:<br />
Sie ist Teil der gesellschaftlichen Institutionalisierung von Familie in dem Sinne, daß sie als<br />
Ausdruck von Bemühungen gilt,<br />
„[...] eine bestimmte Auffassung von Familie so vorzutragen, daß die in der jeweiligen<br />
Perspektive enthaltenen Schemata in subjektive Orientierungen anderer Menschen eingehen“<br />
(Lüscher/Wehrspaun/ Lange 1989: 75). 2<br />
2<br />
Auch Walter (1993) geht davon aus, daß die bewertende Definition von Familie als Vorstufe bzw. Ausdruck<br />
der Institutionalisierung von Familie anzusehen sei. Damit werde die gesellschaftliche Konstruktion von Familie<br />
ein im wesentlichen wissensoziologisch entschlüsselbarer Prozeß.