Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern
Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern
Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
66 <strong>ifb</strong> - <strong>Materialien</strong> 4-98<br />
rende Leitsätze, die dem Paradigma der Lebensweltorientierung folgen. Hier die Strukturmaximen<br />
im einzelnen:<br />
1. Prävention ist die übergeordnete und - in den Jugendhilfeprozessen im Wortsinne vorrangige<br />
- Strukturmaxime der Jugendhilfe. Sie folgt den Prämissen der relativen Autonomie<br />
und der Förderung des selbstbestimmten Lebens der Familien.<br />
2. Die Handlungsprinzipien der Lebenswelt- oder Sozialraumorientierung suchen - als individuum-<br />
oder raumzentrischer Ansatz – der Pluralisierung der Lebensverhältnisse und der<br />
Individualisierung der Lebenslagen gerecht zu werden. Prämisse dieser Ansätze ist es, die<br />
„Eigensinnigkeit der Lebenswelt der Adressaten anzuerkennen“ und die Angebote der Jugendhilfe<br />
dort zu verorten (Thiersch 1996: 621). Sie dienen zugleich als Arbeitsgrundlage<br />
sozialplanerischen Handelns in der Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse der Jugendhilfeplanung<br />
(Sozialstrukturatlas o.ä.).<br />
3. Die Dezentralisierung und Regionalisierung der Leistungsangebote dient der sozialraumspezifischen<br />
Sicherstellung der Bedarfsgerechtigkeit und der Angebotsäquivalenz. Auch<br />
dies ist eine Grundbedingung für sozialplanerische Aktivitäten, ohne daß dadurch das<br />
Postulat der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse aus dem Blick geraten darf.<br />
4. Die Alltagsorientierung der Jugendhilfepraxis betrifft die Angebotsäquivalenz im Sinne<br />
einer Kompatibilität und Paßgenauigkeit der Angebote und Leistungen zu den verschiedenen<br />
Lebenslagen und <strong>zur</strong> Alltagswelt der Familien.<br />
5. Mit sozialer Integration und Normalisierung ist die Sicherstellung der Universalität der<br />
Leistungsangebote auch in extremen individuellen Lebenslagen mit dem Ziel selbstbestimmten<br />
Lebens gemeint. Dieser Jugendhilfeaspekt rekurriert vor allem auf die Bereitstellung<br />
von Hilfsmaßnahmen für ausländische Familien sowie für behinderte Kinder und<br />
Jugendliche.<br />
6. Ein anderer Fall familialer Deprivation wird mit der Strukturmaxime der Alltagsbewältigung<br />
angesprochen: die Sicherstellung der Deckung der Grundbedürfnisse als materielle<br />
wie immaterielle Basis der Befähigung zum selbstbestimmten Leben.<br />
7. Die Strukturmaximen Partizipation und Freiwilligkeit sind zum einen demokratiepraktische<br />
Voraussetzungen der Hilfe <strong>zur</strong> Selbsthilfe oder auch - nach einem neueren psychosozialen<br />
Ansatz - des empowerment (siehe Stark 1996), zum anderen ist, je nach Jugendhilfebereich,<br />
die freiwillige Beteiligung - im Sinne von Mitwirkung, Mitbestimmung, Mitgestaltung<br />
an den Planungsprozessen der Jugendhilfe - äußerst bedeutsam für die Herstellung<br />
der Bedarfsgerechtigkeit und Angebotsadäquatheit (vis-à-vis den familialen Realitäten)<br />
von konkreten Maßnahmen der öffentlichen und der freien Jugendhilfe.<br />
8. Die letzte Strukturmaxime Einmischung bzw. einmischungsorientiertes Handeln meint<br />
nicht etwa die das Subsidaritätsprinzip aufhebende und/oder kindeswohlorientierte Einmischung<br />
in Elternrechte und Familienautonomie, sondern institutionenbezogen das Aufbrechen<br />
und die Überwindung traditioneller Zuständigkeitssegmente von kommunalen Ämtern,<br />
Einrichtungen, Organisationen und Politikbereichen.<br />
Ausgehend von diesen Strukturmaximen und Handlungsprinzipien, die in ihrer Mehrzahl einen<br />
starken Familienbezug aufweisen und Familienrealitäten anerkennen, sind für die Ju-