Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern
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Baas: Geschlechterleitbilder in politischen Reden 43<br />
schlechterrollen. Die MinisterInnen selbst nehmen auch auf andere Weise, z.B. durch Interviews,<br />
an dieser Diskussion teil. Ihre jeweiligen Ministerien veröffentlichen Gesetzesbegründungen,<br />
Berichte, Antworten auf Anfragen, Presseerklärungen und vieles mehr. Bundestagsabgeordnete,<br />
Journalisten und viele andere Personen tragen ebenfalls zu diesem Diskurs bei.<br />
Welche Funktion hat unter diesen Bedingungen die Analyse der Reden der MinisterInnen?<br />
Die Eingrenzung auf ein bestimmtes Genre (öffentliche Reden) und einen bestimmten Personenkreis<br />
(FamilienministerInnen) ermöglicht eine besonders prägnante Darstellung der These.<br />
Aus der Abfolge der Amtsinhaber und ihrer Reden läßt sich die Sequenz rekonstruieren, die<br />
in der These vermutet wurde, nämlich, daß es eine zunehmende Traditionalisierung der Geschlechterrollenzuschreibungen<br />
in den Reden aufgrund der sich verschärfenden Arbeitsmarktsituation<br />
gab. Die Analyse der Reden dient also dazu, die These plausibel zu machen. Nur unter<br />
diesem Gesichtspunkt werden die Reden analysiert. Dies kann und soll auch nicht der der<br />
Perspektive der jeweiligen Person gänzlich gerecht werden; viele Motive, die das Handeln der<br />
untersuchten Regierungsmitglieder leiten, und ebenso viele der These widersprechende Anteile<br />
ihres öffentlichen Handelns können nicht ausreichend gewürdigt werden. Aber zumindest<br />
kann im Sinne einer Pilotstudie die Denkmöglichkeit der These begründet werden.<br />
2. Widersprüchliche Frauenleitbilder in Politik und Gesellschaft<br />
2.1 Familiendiskurs und Familienrhetorik<br />
Auf Kongressen, Tagungen, Parteitagen oder im Bundestag gehaltene Reden der jeweiligen<br />
VertreterInnen des Familienministeriums können in Anlehnung an Münch (1990) als „Kommunikation“<br />
- neben „Recht“ und „Geld“ - und somit als ein Teilbereich oder Steuerungsmittel<br />
der Familienpolitik verstanden werden.Sie versteht Kommunikation im Rahmen von Familien-<br />
und Sozialpolitik vor allem als ein Mittel, um ideologisch geprägte Vorgaben - und dazu<br />
können auch Leitbilder gezählt werden - zu begründen (Münch 1990: 155f.). Allerdings gibt<br />
es weder Theorien, welche sich konkreter mit Kommunikation als einem Mittel der Politik<br />
befassen, noch wurden Auswirkungen von Mitteln und Instrumenten der Familienpolitik auf<br />
Einstellungen und konkretes Handeln von Männern und Frauen sicher ermittelt. Zwar werden<br />
- etwa im Rahmen der Biographieforschung - Übereinstimmungen zwischen den „Vorgaben“<br />
der Sozialpolitik- und Familienpolitik und Lebensläufen festgestellt, das Zustandekommen<br />
dieser Parallelen und damit auch die Wirksamkeit von Familienpolitik wird indes nur un<strong>zur</strong>eichend<br />
erklärt.<br />
Kommunikation nun, in Form von Reden, soll als familienpolitisches Instrument verstanden<br />
werden, mit welchem gesellschaftliche Prozesse beeinflußt werden können, indem Leitbilder<br />
transportiert werden. Die Legitimation politischer Konzepte durch politische Überzeugungsarbeit<br />
bezeichnet Münch als „meinungssteuernde Öffentlichkeitsarbeit“ (Münch 1990: 156).<br />
Die hier interessierenden Leitbilder nun können durch rechtliche Regelungen oder wirtschaftliche<br />
Hilfen allein nur un<strong>zur</strong>eichend verbreitet werden. Darüber hinaus sind in Anlehnung an<br />
Klages (1988) auch kommunikative Stimuli notwendig, die den einzelnen im Massenkommunikationsprozeß<br />
erreichen und so für die Entstehung von Werten bedeutungsvoll werden. Er<br />
bezeichnet diese „wertdynamisch reflektierte Politik“ auch als