Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern
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Baas: Geschlechterleitbilder in politischen Reden 51<br />
daß sich Gesetze wie das Erziehungsgeldgesetz prinzipiell auch an Männer wende, aber beinahe<br />
schon resignierend geht sie davon aus, daß dies nur selten der Fall sein wird:<br />
„Ich gehe nicht davon aus, daß die Väter in großer Zahl Erziehungsurlaub nehmen werden,<br />
dennoch ist es unerläßlich, daß sie einen gleichberechtigten Anspruch haben“.<br />
(Süssmuth 1985b)<br />
Demgegenüber weist sie auf die besonderen Belastungen der Männer als Familienernährer hin<br />
und legt damit in Zeiten der Kindererziehung die Rollenverteilung deutlich fest:<br />
„Vergessen wir in diesem Zusammenhang nicht, daß gerade junge Männer sich einem<br />
besonderen Erwartungs- und Leistungsdruck ausgesetzt sehen, wenn ihre Frauen die Erwerbstätigkeit<br />
unterbrechen oder aufgeben und sie alleine für das Familieneinkommen<br />
sorgen müssen“. (Süssmuth 1985b)<br />
Kindererziehung wird <strong>zur</strong> Frauensache, das Phasenmodell <strong>zur</strong> einzigen Möglichkeit, Familie<br />
und Beruf miteinander zu verbinden:<br />
„Kinder kann es nur in dem Maße gut gehen, wie Mutter und Vater zufrieden sind [...]<br />
Dazu zählt aber auch - und dies ist vielen jungen Frauen wichtig - die Rückkehrchance in<br />
den Erwerbsberuf“. (Süssmuth 1985b)<br />
Im Bereich der Erwerbsarbeit wird Frauen weitaus deutlicher als bei Heiner Geißler ein spezifisches<br />
Arbeitsvermögen zugeschrieben, erstmals ist zudem von typischen Frauenbranchen<br />
die Rede. Dienstleistungsbereiche bei Banken oder Versicherungen oder der Pflegebereich im<br />
Krankenhauswesen werden aufgrund der Nähe zum „Kunden“ bzw. „Patienten“ zu Arbeitsplätzen,<br />
für die Frauen besonders qualifiziert sind. Darüber hinaus geht Rita Süssmuth nicht<br />
davon aus, die Benachteiligung von Frauen im Erwerbsbereich vollständig überwinden zu<br />
können: Zum einen macht sie die immer noch vorhandene Technikfeindlichkeit der Frauen<br />
verantwortlich für deren Benachteiligung, zum anderen wird abermals das andere Geschlecht<br />
als nur schwer zu überwindender Hinderungsgrund für eine vollständige Gleichberechtigung<br />
dargestellt:<br />
„Die Frauen bekommen männliche Mitbewerber und sie müssen sich dann auch noch<br />
gegen diese Konkurrenz behaupten“. (Süssmuth 1985a)<br />
Auch die Beschäftigung von Frauen in unteren Arbeitsmarktsegmenten betrachtet sie nur unter<br />
dem Aspekt der Arbeitsplatzsicherheit, nicht dagegen vor dem Hintergrund einer geschlechtsspezifischen<br />
Segregation des Arbeitsmarktes:<br />
„Werden Frauen aus ihren angestammten Arbeitsplätzen verdrängt? Auf Grund der Forschung<br />
[...] ist bekannt, daß hier Gefahren für Frauen bestehen. Am meisten sind diejenigen<br />
Arbeitsplätze gefährdet, an denen am wenigsten qualifizierte Tätigkeiten verrichtet<br />
werden oder auch die am stärksten monotonen Tätigkeiten. Das sind traditionellerweise<br />
Bereiche, in denen ganz überwiegend Frauen beschäftigt sind“. (Süssmuth 1985a)<br />
3.3 1988 bis 1991 (Ursula Lehr)<br />
Auch wenn Ursula Lehr nur wenige Reden als Familienministerin gehalten hat, ist eine deutliche<br />
Struktur erkennbar, welche vor allem die Argumentation Rita Süssmuths präziser zusammenfaßt.<br />
Ausgangspunkt ihrer Argumentation ist zumeist die nicht nur im Grundgesetz<br />
verankerte rechtliche Gleichstellung von Männern und Frauen. Zugleich beklagt sie aber die