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Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern

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Bierschock: Implementation des KJHG 67<br />

gendhilfeplanung und -praxis Implementationsdefizite, wie noch näher ausgeführt wird, unübersehbar.<br />

2.2 Ordnungsrechtliche Komponenten des KJHG: Eskalationsstufen von<br />

Maßnahmen<br />

Jugendhilfe nach dem KJHG ist ein Balanceakt zwischen Hilfs- und Unterstützungsangeboten<br />

einerseits und Kontrolle bzw. - oft als Folge des Mißlingens dieser Angebote - Intervention<br />

andererseits. Mit letzterer sind vor allem die ordnungsrechtlichen Komponenten des KJHG<br />

gemeint, wobei die Gefährdung des Kindeswohls als Markierung des abgestuften Übergangs<br />

von den Leistungs- zu den Eingriffsaspekten - insbesondere im Dritten Kapitel des KJHG -<br />

im Sinne der Wahrnehmung des „Wächteramtes der staatlichen Gemeinschaft“ - dient. Unter<br />

Berücksichtigung der elterlichen Autonomie und Selbstbestimmung 2 , kennt das KJHG drei<br />

Eskalationsstufen, die sukzessive die Einwirkungs- und Widerspruchsmöglichkeiten der Eltern<br />

beschneiden: die Beratung von Kindern und Jugendlichen im Konfliktfall (§ 9, Abs. 3),<br />

die Inobhutnahme des Kindes oder Jugendlichen (§ 42) und schließlich dessen Herausnahme<br />

aus bestehenden Betreuungsarrangements (§ 43). Zu fragen ist allerdings, ob diese Eskalationsabfolge<br />

im Einzelfall einen subsidären Charakter des Tätigwerdens des Jugendamtes überbetont<br />

und die Garantenpflicht des KJHG, die nach § 1, Abs. 1, Ziff. 3 den Schutz der Kinder<br />

und Jugendlichen vor Gefahren gewährleisten soll, vernachlässigt. Diese <strong>zur</strong>ückhaltende Interventionsstrategie<br />

bedeutet eine faktische Stärkung der Selbsthilfepotentiale von Familien<br />

unter der Voraussetzung, daß jene durch institutionelle Settings ge- und unterstützt werden.<br />

Die Handhabung ordnungsrechtlicher Instrumente und die Einbeziehung/Ausgrenzung der betroffenen<br />

Familien in das Eskalationsprozedere durch die Jugendämter bedarf noch einer genauen<br />

und kontinuierlichen Analyse.<br />

2.3 Die Pflicht <strong>zur</strong> Jugendhilfeplanung als strukturelle Rahmung des KJHG<br />

Die Jugendhilfeplanung und die Bildung von Jugendhilfeausschüssen gehören nach §§ 79-81<br />

als Muß-Bestimmungen zu den gesetzlichen Pflichten der öffentlichen Träger der Jugendhilfe.<br />

Dies gilt auch für <strong>Bayern</strong>: Laut bayerischem Ausführungsgesetz (BayKJHG) sind<br />

Jugendämter ein<strong>zur</strong>ichten und eine Satzung für örtliche Jugendhilfeauschüsse zu erlassen<br />

(siehe § 4, Abs. 2 und §§ 4-10). Jugendhilfeplanung ist das wichtigste Instrumentarium der<br />

Jugendämter, der Verpflichtung <strong>zur</strong> Bedarfsgerechtigkeit in der Jugendhilfe gerecht zu<br />

werden. Mit ihrer Hilfe müssen erforderliche und geeignete, den Erziehungsgrundrichtungen<br />

entsprechende Einrichtungen, Veranstaltungen und Dienste rechtzeitig und ausreichend<br />

bereitgestellt werden. Dennoch müssen im sechsten Jahr nach Inkrafttreten des KJHG in den<br />

alten Bundesländern noch erhebliche Defizite bei der formalen Institutionalisierung und<br />

insbesondere der inhaltlich-konkreten Realisierung der Jugendhilfeplanung konstatiert<br />

werden. Dies geht auch aus den Fachpublikationen <strong>zur</strong> sozialen Arbeit und <strong>zur</strong><br />

Jugendhilfeplanung hervor, in denen betont wird, daß die empirische Basis für eine<br />

umfassende Evaluierung der konkreten Jugendhilfeplanung sehr schmal ist. Eine<br />

Gesamterhebung existiert ni cht, bestenfalls sind Destillate aus einzelnen case studies<br />

2<br />

Elterliche Autonomie und Selbstbestimmung wird hier in stärkerem Maße berücksichtigt als beim Vorgängergesetz.

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