Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern
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Bierschock: Implementation des KJHG 71<br />
tätsprinzip bevorzugten - freien Träger der Jugendhilfe ins Spiel kommen. Diese Überlegungen<br />
werden wegen ihres Gegensatzes zu wohlfahrtspluralistischen Ansätzen im entsprechenden<br />
Teilkapitel nochmals aufgegriffen.<br />
4.4 Die verschiedenen institutionellen Ebenen der „Neuen Steuerung“<br />
Mit Burkhard Müller (Müller 1996: 13ff.) können wir für die Diskussion über die „Neue<br />
Steuerung“ als zentralen Aspekt der Verwaltungsreform vier Steuerungsebenen für die Jugendhilfe<br />
unterscheiden: die gesellschaftspolitische Ebene, die Ebene der Kommunalverwaltungen<br />
- die als treibende Kräfte der Neuen Steuerung anzusehen sind -, die Ebene der kommunalen<br />
Jugendhilfeplanung nach § 80 KJHG und schließlich die Ebene der „handlungsbezogenen<br />
pädagogischen Steuerung“ (vgl. Nikles 1995: 3f.) oder besser: die Ebene der<br />
sozialpädagogischen Fachlichkeit. Für die Implementierung der Neuen Steuerung bedeutet<br />
dies, daß erhebliche Koordinierungsleistungen zwischen den Ebenen 2 bis 4 zu erbringen<br />
sind, deren Konfliktpotential insbesondere bei den (z.T. vermeintlich) eindeutig<br />
betriebswirtschaftlich „besetzten“ Begriffen und Operationalisierungen relativ hoch ist. Die<br />
„Neue Steuerung“ begünstigt die kommunalpolitische Ebene dadurch, daß das „Was“ und<br />
„Wozu“ der Jugendhilfeleistungen besser lenkbar wird, und damit die<br />
Leistungsmöglichkeiten tendenziell noch stärker dem Primat der kommunalen<br />
Finanzressourcen unterstellt werden.<br />
Für die freien Träger nimmt der Erklärungsdruck gegenüber den Jugendämtern und Jugendhilfeausschüssen<br />
zu, da auch sie sich den betriebswirtschaftlichen Kriterien stellen müssen,<br />
um Fördermittel (weiterhin) zu erhalten und ggf. private Konkurrenz im Verteilungskampf<br />
abzuwehren. Viele freie Träger befinden sich bereits in entsprechenden Anpassungsprozessen<br />
der Übernahme von Elementen der „Neuen Steuerung“, um ökonomisch stabil und förderungswürdig<br />
zu bleiben.<br />
Als Korrektiv gegen eine platte Ressourcen-Orientierung dient jedoch die Tatsache, daß erstens<br />
viele Leistungen Pflichtaufgaben der Jugendhilfe sind, und daß zweitens die Jugendhilfeplanung<br />
und die Fachkräfte in den Jugendämtern über das möglichst flexibel zu erbringende<br />
„Wie“ - sprich: über die Inhalte - der effektiven und effizienten Bedarfsfeststellung und Leistungserhebung<br />
relativ souverän entscheiden.<br />
Für die mit der Jugendhilfeplanung betrauten Jugendhilfeausschüsse bedeutet dies, daß sie<br />
Jugendhilfeplanung nun erst recht als sozialplanerischen Prozeß mit umfangreicher - fachlich<br />
wie betriebswirtschaftlich begründeter - Bedarfsanalyse begreifen und mit Hilfe dieser soliden<br />
empirisch-fachlichen Grundlage gegenüber den Kommunalverwaltungen verteidigen<br />
könn(t)en. Insgesamt könnte dies - unter dem Korsett der Effektivität und Effizienz - endlich<br />
zu einer ausdifferenzierten inhaltlichen Ausfüllung der KJHG-Vorgaben und zu mehr Bedarfsgerechtigkeit<br />
führen.<br />
Die Gegenargumente der freien Träger wie auch vieler Fachkräfte in den Jugendämtern beziehen<br />
sich vor allem auf das Spannungsverhältnis zwischen Ökonomisierung und Fachlichkeit,<br />
wobei das Moment der Nicht-Anpaßbarkeit bestimmter Formen sozialer Arbeit an „reine“<br />
Produktqualitätskriterien und die Nicht-Meßbarkeit dieser Formen eine große Rolle<br />
spielt. Auch hinsichtlich der Diskussion über das institutionelle Beziehungsgeflecht der<br />
„Neuen Steuerung“ ist zu monieren, daß zwar die Kundenorientierung als Zielkriterium vor