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Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern

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84 <strong>ifb</strong> - <strong>Materialien</strong> 4-98<br />

kennung laufen (Zeidler 1984). Andere analysieren eine vielfältige und ausgeprägte „strukturelle<br />

Rücksichtslosigkeit“ gegenüber Familien durch Nichtbeachtung familialer Bedingungen<br />

(vgl. z.B. Kaufmann 1990: 132 ff., Lampert 1996, Wingen 1997), d.h. einer formalen<br />

„Gleichbehandlung“ von Familien mit Kinderlosen trotz erheblich unterschiedlicher einzelwirtschaftlicher<br />

Voraussetzungen und Konsequenzen.<br />

Die Ergebnisse u.a. der vorausgegangenen Modellrechnungen (Netzler 1995, 1996a) und<br />

Querschnittsanalyse (Netzler 1996b) 4 ergaben wesentliche Unterschiede zu Lasten der Familien<br />

gegenüber Kinderlosen, insbesondere bei Eintritt allgemeiner Lebensrisiken. Das Wort<br />

von der „Risikogesellschaft“ (vgl. u.a. Beck 1986) erweist sich für Familien als besonders zutreffend.<br />

5 Die Projektteile 1 (Modellrechnung) und 2 (Querschnittsanalyse) führten u.a. zu<br />

folgenden Ergebnissen:<br />

Gegen die soziokulturelle Äquivalenz der Familien und Familientätigkeit als wesentliches<br />

Bestandteil 6 der Verfassung, derzufolge „Familie“ als wertgleicher bzw. nicht minderwertiger<br />

(äquivalenter) Lebensbereich gegenüber kinderloser Erwerbstätigkeit eingestuft wird, bestehen<br />

erhebliche Verstöße im System der sozialen Sicherung und des Familienlastenausgleiches.<br />

Soziokulturelle Äquivalenz von Familien(-tätigkeit) gegenüber Erwerbstätigkeit führt<br />

für Familien(-arbeitleistende) mindestens zu einem gleichen Anspruch auf einen Lebensstandard,<br />

der sie - wie kinderlos Erwerbstätige - vor einer Sozialhilfeabhängigkeit schützt, was<br />

nicht pauschal eine Entlohnung oder einen Lebensstandard für Familien (-tätigkeit) wie für<br />

kinderlos Erwerbstätige bedeutet.<br />

Wesentlich in der Argumentation ist, daß Sozialhilfe keine angemessene weitverbreitete Sicherungsform<br />

für Kinder, Unterhaltspflichtige und Familienarbeitende im Vergleich mit Kinderlosen<br />

ist. Sozialhilfe als ein der soziokulturellen Äquivalenz entsprechendes allgemeines<br />

Sicherungsniveau für Eltern und Kinder würde voraussetzen, daß Eltern und Kinder im Wirtschaftsprozeß<br />

eine gleiche strukturelle Chance wie Kinderlose hätten, sich durch Erwerbstätigkeit<br />

wirtschaftlich gegen Risiken zu sichern, oder daß die Transfersysteme eingetretene Risiken<br />

und unterdurchschnittliche wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gegenüber Kinderlosen<br />

kompensieren: Der Schutz vor Sozialhilfeabhängigkeit baut auf einer Selbsthilfe durch Erwerbstätigkeit<br />

auf - nicht aber durch Familientätigkeit. Diese real gleiche Chance eines<br />

Nichtangewiesenseins auf Sozialhilfe ist für Familien aber keineswegs Realität: Die Modellrechnung<br />

und Querschnittsdatenanalyse zeigen Verstöße u.a. auch bei niedrigeren Vollerwerbseinkommen<br />

von Familien mit einem Erwerbstätigen und einem Erziehenden sowie bei<br />

Scheidung, Arbeitslosigkeit, Tod eines Partners, weil diese Ereignisse Kinderlose nicht annähernd<br />

so nah und oft an die Armutsgrenze bringen.<br />

Der bei Familien wesentlich niedrigere Lebensstandard bei Risikoeintritt gegenüber Kinderlosen<br />

widerspricht dem „besonderen Schutz der staatlichen Ordnung“ für Familien und Familientätigkeit.<br />

Themen wie z.B. Lohnabstandsgebot zwischen Sozialhilfe und unteren Er-<br />

4<br />

5<br />

6<br />

Vgl. <strong>zur</strong> Leistungsfähigkeit des Familienlastenausgleiches über Netzler 1995 (Projektteil 1) und 1996a (Projektteil2)<br />

hinaus u.a. Netzler 1993 und 1998.<br />

Vgl. zum Einfluß von Familieneinkommen und Kinderkosten auf das generative Verhalten z.B. Roloff 1996.<br />

Begründet mit Art. 6 und 3, ergänzt um Art 1 und 2 oder auch mit den Rechtsidealen der rechtlichen Freiheit<br />

und der Würde der Person.

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