Materialien zur Familienpolitikanalyse - ifb - Bayern
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Baas: Geschlechterleitbilder in politischen Reden 55<br />
ten kaum etwas ändern wird. Hier ist, wie erstmals bei Süssmuth, eine deutliche Resignation<br />
angesichts der Unveränderbarkeit „der „Verhältnisse“ sichtbar:<br />
„Einerseits hat sich an der ... Zuständigkeit von Frauen für Haushalt und Kindererziehung<br />
noch wenig geändert ... Hier sind zweifellos die Männer gefordert ... Andererseits<br />
lassen es viele Männer aber nach wie vor an Unterstützung mangeln. Die Gründe mögen<br />
bei vielen Männern im Festhalten an ... Rollenklischees liegen ... Hier gibt es noch Beharrungsvermögen<br />
und es bedarf sicherlich wesentlicher Einstellungs- und Verhaltensänderungen“.<br />
(Rönsch 1994b)<br />
Die wesentliche Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern im Sinne der Geschlechterpolarität<br />
scheint aber auch sie nicht ändern zu wollen. Zwar räumt sie ein, daß auch Männer zunehmend<br />
Familienorientierung entwickeln 11 , doch kritisiert sie die fehlende Mithilfe von<br />
Männern bei Familienarbeit 12 . Letztlich sei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf aber vorrangig<br />
ein „Frauenproblem“:<br />
„Gerade für Mütter mit kleinen Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen ist die parallele<br />
Bewältigung von Aufgaben und Erwerbsarbeit nur möglich, wenn sie einer Teilzeitbeschäftigung<br />
nachgehen können“. (Rönsch 1994b)<br />
Treten hierbei Probleme auf, sei dafür die Wirtschaft verantwortlich:<br />
„Schließlich nimmt auch die Arbeitswelt nicht in ausreichendem Maße auf die Bedürfnisse<br />
berufstätiger Frauen Rücksicht ... Sie führt vor allem bei Frauen zu dem, was man mit<br />
Recht als ‘Vereinbarkeitsdilemma’ bezeichnen kann - einem permanenten Spagat zwischen<br />
Berufs- und Familienpflichten“. (Rönsch 1994b)<br />
Über den Hinweis auf „Familienpflichten“ wird im übrigen auch wieder eine klare Rollenverteilung<br />
vorgenommen.<br />
3.5 1994 bis 1998 (Claudia Nolte)<br />
Neben der Fortführung eines der Geschlechterpolarität verhafteten Modells der Vereinbarkeit<br />
von Familie und Beruf, welches als Wahlfreiheit verstanden wird, ist die Amtszeit von Claudia<br />
Nolte durch den bislang deutlichsten Versuch gekennzeichnet, Frauen bzw. weiblichen<br />
Arbeitnehmern die Mitschuld an ihrer Arbeitsmarktsituation zu geben: Die Perspektive Heiner<br />
Geißlers wird hier gleichsam umgedreht. Deutlich geht Nolte von einem frauenspezifischen<br />
Arbeitsvermögen und Arbeitsmarktverhalten aus, welches es von Seiten der Frauen aktiv<br />
und selbständig zu überwinden gelte. 13 Ihr zufolge müssen Frauen die <strong>zur</strong> Überwindung<br />
11<br />
12<br />
13<br />
„Vor allem jüngere Männer sehen nicht mehr in dem Maße wie ihre Väter die Lebenspriorität in Beruf und<br />
Karriere, vielmehr ist für sie auch ihre Familie ein zentraler Lebensinhalt“. (Rönsch 1994b)<br />
„Ich denke, es kann nur im Interesse der Kinder und der gesamten Familie sein, wenn wir die Väter noch<br />
stärker als in der Vergangenheit ermutigen, sich auch aktiv an der Kindererziehung und an der Familienarbeit<br />
zu beteiligen“. (Rönsch 1994c)<br />
Folgende Zitate belegen dies: „[...] bestimmen doch immer noch weitgehend traditionelle Verhaltensmuster<br />
Ausbildungs- und Berufswahl [...]“ „Mädchen und Frauen müssen immer wieder ermuntert werden, das gesamte<br />
Spektrum der Berufe zu nutzen und sich auch aktiv mit den neuen Technologien auseinandersetzen<br />
[...]“ (Nolte 1995), „[...] mit der Wahl frauentypischer Studiengänge oder Ausbildungsberufe entscheiden<br />
sich Frauen in aller Regel für geringere Verdienst- und Aufstiegschancen und nehmen zumeist ein höheres<br />
Arbeitsplatzrisiko in Kauf“ (Nolte 1997d). „Wir brauchen für Mädchen und Frauen neue Betätigungsfelder<br />
sowie ein breiteres Berufsspektrum“ (Nolte 1997a).