Fortschreibung des Integrationskonzepts - Ministerium für ...
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- 49 -<br />
3.5 Handlungsfeld Familie<br />
Ausgangslage<br />
Der Schutz der Familie ist im Grundgesetz verankert. Durch ihre Fürsorgearbeit<br />
<strong>für</strong> Kinder und andere Angehörige erbringen Familien <strong>für</strong> unser Gemeinwesen unverzichtbare<br />
Leistungen. Familie ist ein Ort, an dem unterschiedliche Traditionen und<br />
Lebenswirklichkeiten zusammentreffen, unterschiedliche Auffassungen der Geschlechterrollen,<br />
von Partnerschaft, Erziehung oder Religion. Familien schaffen sozialen<br />
Zusammenhalt vor Ort und sie gehören auch zu den wichtigsten Investoren im<br />
sozialen Nahraum. Heute gibt es vielfältige Formen, Familie zu leben, sie brauchen<br />
in unterschiedlicher Form unsere Unterstützung.<br />
Obwohl die Ehe mit Kindern nach wie vor die am meisten gewünschte Lebensform<br />
ist, gibt es ebenso alleinerziehende Familien, Patchwork- oder Regenbogenfamilien.<br />
Deutlich mehr Menschen mit als ohne Migrationshintergrund leben in traditionellen<br />
Familienformen, wobei bi-nationale Ehen und Familien zunehmen. Dabei leben auch<br />
Familien mit Migrationshintergrund in sehr unterschiedlichen Lebensrealitäten,<br />
abhängig von sozialem Status, der individuellen Migrationsgeschichte und Herkunft,<br />
dem Umfeld in der Nachbarschaft, aber auch vom aufenthaltsrechtlichen Status <strong>für</strong><br />
diejenigen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. So ist z. B. schon<br />
das Heiratsalter auch unter Migrantenfamilien sehr unterschiedlich und reicht von<br />
22,2 Jahren bei türkischstämmigen Migrantinnen und Migranten bis zu 25,2 Jahren<br />
bei denen, die aus Polen stammen. 22 Auch ist das Ausmaß der Berufstätigkeit von<br />
Müttern durchaus unterschiedlich. So ist z. B. eine Erwerbstätigkeit von Müttern unter<br />
Zugewanderten aus den ehemaligen GUS-Staaten eher höher als unter der einheimischen<br />
Bevölkerung. Ebenso prägen in Familien mit Migrationshintergrund sehr<br />
unterschiedliche Rollenvorstellungen den Alltag. Es gibt patriarchalisch orientierte<br />
Familienlebensweisen als auch sehr egalitäre Rollenmodelle. Mehr Familien mit als<br />
ohne Migrationshintergrund gaben bei einer Befragung an, dass beide Elternteile <strong>für</strong><br />
die Erziehung der Kinder gleichermaßen zuständig sind. 23 Integrationsarbeit muss<br />
diese Differenziertheit und Vielfalt berücksichtigen.<br />
Familien mit Migrationshintergrund haben häufiger mit Vorurteilen zu kämpfen<br />
und erfahren Ausgrenzung und Diskriminierung. Sie sind deutlich häufiger von<br />
Armut betroffen als Familien ohne Migrationshintergrund. 45 % aller Familien in Armut<br />
in Deutschland haben einen Migrationshintergrund. 24 Sie finden, auch bedingt<br />
durch diese soziale Lage, seltener als Familien ohne Migrationshintergrund Zugang<br />
zu den Beratungs- und Bildungsangeboten von Fachstellen und Bildungszentren.<br />
Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund haben häufiger Schwierigkeiten mit<br />
der erfolgreichen Integration in das Bildungssystem.<br />
Dabei ist eine ökonomische Armut weniger mit Bildungsferne verbunden als bei<br />
Familien ohne Migrationshintergrund. 25 Aufgrund von Barrieren beim Zugang zum<br />
Arbeitsmarkt oder auch der Anerkennung von im Ausland erworbener beruflicher<br />
Qualifikation sind Migrantinnen und Migranten häufiger als Einheimische unter ihrem<br />
22 BMFSFJ (2010): Ehe, Familie, Werte – Migrantinnen und Migranten in Deutschland. Monitor Familienforschung, 24<br />
23<br />
BMFSFJ (2010): Familien mit Migrationshintergrund. Prognos, 79<br />
24 BMFSFJ (2010): Familien mit Migrationshintergrund. Prognos, 37<br />
25<br />
Laubstein, Claudia 2013: Armut von Kindern und Jugendlichen – Ergebnisse der<br />
AWO-Langzeitstudie, in: Migration und soziale Arbeit, 1/2013, 12-19.