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Fotos: Mark Twain House and Museum, Hartford (oben), Herbert Tomlinson (Mitte), Albert Bigelow Paine (unten)<br />
Das Buch, fast 800 Seiten<br />
stark und rund 2 Kilogramm<br />
schwer, landete<br />
sofort an der Spitze der<br />
amerikanischen Bestsellerlisten.<br />
Bislang wurden<br />
über eine halbe Million<br />
Exemplare verkauft.<br />
Als Mark Twain seine<br />
Autobiographie im Dezember 1909<br />
fertiggestellt hatte, sollte die Öffentlichkeit<br />
sie auf keinen Fall zu Gesicht<br />
bekommen. »Ich teile die weitverbreitete<br />
Angewohnheit, in vertrauten<br />
Gesprächen mit Freunden meine<br />
privatesten Ansichten über Politik,<br />
Religion und die Menschheit zu<br />
verkünden, es würde mir aber nicht<br />
im Traum einfallen, je eine davon<br />
drucken zu lassen.« Erst die Entscheidung,<br />
sein Werk 100 Jahre unter<br />
Verschluss zu halten, ermöglichte<br />
ihm, kein Blatt mehr vor den Mund<br />
nehmen zu müssen. »Ein Buch, das<br />
ein Jahrhundert nicht veröffentlicht<br />
werden darf, gewährt dem Autor<br />
Freiheiten, die er auf keinem anderen<br />
Weg erreichen kann. Es ermöglicht<br />
ihm, Menschen so zu beschreiben,<br />
wie er sie kennt, ohne sich Sorgen<br />
machen zu müssen, ihre Gefühle<br />
oder die ihrer Söhne oder Enkel zu<br />
verletzen.« mark twain<br />
Leidenschaftlich<br />
und radikal<br />
Sein ungewöhnlicher Entschluss<br />
verschaffte ihm eine Freiheit von<br />
völlig neuer Qualität. Zwar kannte<br />
man Twain schon zu Lebzeiten als<br />
scharfzüngigen Kritiker – wenn er<br />
durch das Land reiste, um die Leute<br />
mit seiner Gesellschaftskritik zu<br />
unterhalten, hieß es etwa auf den<br />
Plakaten: »Einlass ab 7:30.<br />
Der Ärger beginnt um 8.«<br />
Erst hier aber schuf er<br />
sich ein neues Publikum,<br />
die Nachwelt, zu dem<br />
er frei und offen sprechen<br />
konnte wie sonst höchstens<br />
im engsten Kreis<br />
seiner Freunde. Wenn er<br />
Im Arbeitszimmer der Quarry<br />
Farm, Elmira, N. Y., 1903<br />
die Außenpolitik, die<br />
skrupellosen Geldsäcke,<br />
die Gier der Wall Street<br />
und den Steuerhinterzieher<br />
Rockefeller<br />
an den Pranger stellt,<br />
klingt es, als kritisierte<br />
er die aktuellen Ereignisse,<br />
die uns<br />
heute mehr denn je bewegen.<br />
Aber auch lustig, liebevoll, mit<br />
großen Gefühlen erzählt er<br />
von seiner Familie und von<br />
Schicksalsschlägen, von skurrilen<br />
Begegnungen mit den<br />
Großen und mit den verachtenswerten<br />
»Zwergen« seiner<br />
Zeit. Er gewährt Einblicke in<br />
die unglaubliche Phantasie,<br />
mit der er schon als kleiner<br />
Junge die Welt sah und seinen<br />
Schabernack trieb. Er schwärmt vom<br />
Essen jener Tage und ermutigt zu<br />
mehr Lebensfreude: »Ich finde es<br />
bedauerlich, dass die Welt so viele<br />
gute Dinge ablehnt, nur weil sie<br />
ungesund sind. Ich bezweifle, dass<br />
Gott uns irgendetwas geschenkt hat,<br />
was, in Maßen genossen, ungesund<br />
ist, ausgenommen Mikroben.«<br />
Mark Twain<br />
erfand Amerika<br />
Mark Twain erreichte schon zu Lebzeiten<br />
Weltruhm. Er war es, der mit<br />
»Tom Sawyer« und »Huckleberry<br />
Finn« Amerika erfunden hatte, der<br />
als Erster über die einfachen Leute<br />
schrieb. Er war zudem der Reiseschriftsteller,<br />
der mit »Bummel<br />
durch Europa« internationale Erfolge<br />
feierte. Die Reihen seiner Bewunderer<br />
sind endlos, sie umfassen Autoren<br />
wie Ernest Hemingway oder Stephen<br />
King, Jonathan Franzen oder J. K.<br />
Rowling. Jede neue Generation entdeckt<br />
»ihren« Twain<br />
– kaum ein Schriftsteller<br />
der Weltliteratur hat<br />
eine derartige Nachwirkung<br />
erreicht.<br />
1906, nachdem Mark<br />
Twain über 35 Jahre<br />
In seiner Wohnung, New York,<br />
1906<br />
vergeblich versucht hatte, seine<br />
Memoiren zu schreiben, wusste er<br />
endlich, wie es ihm gelingen könnte:<br />
nicht chronologisch, sondern einzig<br />
dem aktuellen Erzählinteresse folgend<br />
und daher Textformen vorwegnehmend,<br />
die erst im Internet allge mein üblich<br />
wurden. Er fing an, fast täglich einer<br />
Stenographin<br />
Erinnerungs stücke<br />
zu diktieren.<br />
Außerdem prüfte<br />
er seine früheren<br />
Versuche und<br />
ent schied, was<br />
davon er übernehmen<br />
wollte. So<br />
kamen bis Dezember<br />
1909 mehr als<br />
1 500 Seiten zusammen,<br />
und Twain konnte das Werk<br />
für vollendet erklären. Vier Monate<br />
später starb er.<br />
Vor dem Haus seiner Kindheit<br />
in Hannibal, Missouri, 1902<br />
Ein Bestseller<br />
für die Nachwelt<br />
Schon als 40-Jähriger hatte Twain<br />
verkündet, dass er eine Autobiographie<br />
schreiben werde, um sie der Nachwelt<br />
zu hinterlassen. Den lachenden Einwurf<br />
seiner Frau Livy, sie werde die<br />
anstößigen Passagen streichen, hatte<br />
er damals ernsthaft zurück gewiesen:<br />
»Sie soll so erscheinen, wie sie geschrieben<br />
wird, die ganze Geschichte<br />
so wahrheitsgetreu erzählt, wie es mir<br />
möglich ist.«<br />
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