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Im Jahr 2015 läuft der<br />
Urheberrechtsschutz für<br />
Adolf <strong>Hitlers</strong> „Mein Kampf“<br />
aus. Höchste Zeit, dieses<br />
Machwerk bei Tageslicht zu<br />
sezieren, um ihm endlich<br />
seine scheinbar dämonische<br />
Macht zu nehmen<br />
Von Philipp Blom<br />
„<strong>Hitlers</strong><br />
Buch fußt<br />
hauptsächlich<br />
auf dem<br />
Rassismus des<br />
Wiener Fin de<br />
siècle“<br />
Foto: DDP Images<br />
V<br />
or zwölf Jahren, von Januar<br />
bis April 2000, wurde vor dem<br />
High Court von London eine<br />
Klage gegen die historische<br />
Wahrheit entschieden. Die Angeklagte,<br />
die amerikanische Akademikerin<br />
Deborah Lipstadt, hatte in ihrem Buch<br />
„Denying the Holocaust“ den Autor David<br />
Irving als einen „authentischen Holocaustleugner“<br />
bezeichnet. Irving, der seine<br />
Karriere als Historiker in rechten Kreisen<br />
hauptsächlich durch die Behauptung gemacht<br />
hatte, in Auschwitz seien nie Juden<br />
vergast worden, und dass „mehr Frauen auf<br />
dem Rücksitz [von Ted Kennedys Wagen]<br />
in Chappaquiddick“ gestorben seien als in<br />
den Gaskammern, verklagte Lipstadt wegen<br />
Verleumdung.<br />
Nach britischem Recht ist Holocaustleugnung<br />
nicht strafbar, und bei Verleumdungsprozessen<br />
liegt die Beweislast beim<br />
Angeklagten. Lipstadt musste also nachweisen,<br />
dass Irving tatsächlich nicht, wie<br />
er selbst von sich sagte, ein überragender<br />
Historiker ohne Angst vor der Wahrheit<br />
war. Sondern ein rechtsextremer und rassistischer<br />
Autor, der wissentlich Fakten verdrehte<br />
und Quellen missbrauchte, um ein<br />
historisch überwältigend dokumentiertes<br />
Ereignis aus der Welt zu schreiben und Hitler<br />
als einen großen Feldherrn und Ehrenmann<br />
zu rehabilitieren, der von den, so Irving,<br />
tatsächlich aber niemals systematisch<br />
verübten und nur in viel kleinerem Ausmaß<br />
stattgefundenen Judenmorden nichts<br />
gewusst habe.<br />
11.2012 <strong>Cicero</strong> 19