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Cicero Hitlers letzte Bombe (Vorschau)

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T i t e l<br />

„Man hätte es viel<br />

früher erlauben sollen“<br />

Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte, über die kritische Edition<br />

von „Mein Kampf“, seine erste Lektüre und eine klaffende Lücke in der Hitler-Forschung<br />

H<br />

err Wirsching, wann haben Sie<br />

zum ersten Mal „Mein Kampf“<br />

gelesen?<br />

Während meines Studiums. Es war pure<br />

Neugier. Ich wollte wissen, was da denn<br />

nun wirklich drinsteht. Ich habe damals<br />

reingeschaut, es aber nicht komplett<br />

durchgelesen. Intensiver habe ich mich<br />

damit beschäftigt, als ich an meiner Habilitationsschrift<br />

saß. Es ging darin unter<br />

anderem um die Frühzeit des Nationalsozialismus,<br />

und da ist „Mein Kampf“ natürlich<br />

eine zentrale Quelle.<br />

Haben Sie beim ersten Lesen ein Gefühl<br />

des Verbotenen verspürt?<br />

Ich habe nie irgendeinen „Thrill“ oder<br />

ein Gefühl des Verbotenen empfunden.<br />

Das Buch konnte ich in der Unibibliothek<br />

einsehen. Später habe ich mir<br />

ein Exemplar angeschafft, das ging im<br />

Antiquariat. Ich musste nur mitteilen,<br />

dass ich es für wissenschaftliche Zwecke<br />

brauche.<br />

Wie würden Sie dieses Buch in wenigen<br />

Attributen beschreiben?<br />

Einmal ist es eine von Hitler selbst drastisch<br />

stilisierte Biografie. Dann ist „Mein<br />

Kampf“ auch das Dokument einer spezifischen,<br />

verbrecherisch pervertierten<br />

Rationalität – beruhend auf den völkisch-nationalistischen<br />

und rassistischen<br />

Traditionen. Aus wissenschaftlicher Sicht<br />

ist das ein wichtiger Untersuchungsgegenstand,<br />

weil sich hier <strong>Hitlers</strong> Programmatik<br />

zeigt.<br />

„Der 1. Januar 2016 wirkt wie ein Damoklesschwert“: Andreas Wirsching, 53, leitet das<br />

Institut, das im Auftrag Bayerns an der wissenschaftlichen Edition von <strong>Hitlers</strong> Autobiografie<br />

arbeitet. „Die Luft könnte längst raus sein“, findet der renommierte Historiker<br />

Halten Sie es für richtig, dass man das<br />

Buch in Deutschland bisher nicht im<br />

Laden kaufen kann?<br />

Zumindest eine kritisch kommentierte<br />

Edition hätte man schon sehr viel früher<br />

erlauben sollen. Das Institut für Zeitgeschichte<br />

hat ja bereits in den neunziger<br />

Jahren die Bände „Hitler. Reden,<br />

Schriften, Anordnungen“ herausgegeben.<br />

Auch <strong>Hitlers</strong> sogenanntes „Zweites Buch“<br />

wurde damals neu ediert. Der Versuch,<br />

„Mein Kampf“ in die Edition mit einzubeziehen,<br />

blieb aber vergeblich.<br />

Warum ist es nicht passiert?<br />

Der Freistaat Bayern als Inhaber der<br />

Urheberrechte hat es aufgrund politischer<br />

Bedenken nicht gestattet, und<br />

so klafft hier eine Lücke. Hätte man<br />

„Mein Kampf“ damals schon herausgegeben,<br />

wäre die Luft aus dem Thema sehr<br />

schnell raus gewesen. Das ist jetzt nicht<br />

mehr so leicht. Denn nun steht das Auslaufen<br />

des Urheberrechts im Raume: Der<br />

1. Januar 2016 wirkt gewissermaßen wie<br />

ein Damoklesschwert.<br />

Könnten Sie mit einer historisch-kritischen<br />

Ausgabe von „Mein Kampf“ schon<br />

vor diesem Datum herauskommen?<br />

Foto: Christian O. Bruch/Laif<br />

40 <strong>Cicero</strong> 11.2012

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