1933-Erinnerungen von Schwester Cassilda Joos - Burgenverein ...
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Es gab manche ergötzliche Scene, aber auch hie u. da Aerger u. ein oder<br />
andermal erhielt ich wohl keine schmeichelhaften Titel. Glücklicherweise<br />
waren auch die grössern Knaben nicht eigentlich boshaft od. gar verdorben<br />
u. <strong>von</strong> ihren Schullehrern wurden sie zum Gehorchsam ermahnt, denn jeder<br />
wusste aus eigener Erfahrung wie schwierig mein Amt war. An Sonn u.<br />
Feiertagen hatten die Schulknaben während des Gottesdienstes ihren Platz<br />
im Chor u. ein Lehrer musste die Aufsicht halten. Einst während dem<br />
Seite 109: Religionsunterrichte kicherten die Knaben mehr als gewöhnlich u. ich sah,<br />
dass sie kaum das Ende erwarten mochten. Nach dem Gebet sagten sie zu<br />
mir: "<strong>Schwester</strong>, schauen sie schnell, wer dort an der Chormauer ist". Und<br />
richtig, sie hatten am gestrigen Feiertage, während der Vesper, den<br />
abwesenden Aufseher mit Stift an die Mauer gezeichnet mit höchst zornigem<br />
Gesichte. Sie hatten es zum Staunen zutreffend fertig gebracht u. darunter<br />
geschrieben: C. Egger, Lehrer! Ich erschrak u. rief Hr. Pfarrer herbei. Er<br />
lachte herzlich u. sagte zu mir: Lassen sie es stehen. Der Lehrer soll es am<br />
Sonntag sehen u. selbst entfernen. Warum war er nicht auf seinem Posten".<br />
Nach den Tätern fragte er nicht u. ich auch nicht. Die Zeichnung aber wurde<br />
schon am Samstag abend <strong>von</strong> Lehrer Egger so heimlich als möglich entfernt.<br />
Im Uebrigen hielt wohl auch er für das Klügste stillschweigend über die<br />
Sache wegzugehen. Ein andermal, als ich nach der Ursache eines Gekichers<br />
fragte, sagte ein kleinerer Schüler zu mir:<br />
Seite 110: "<strong>Schwester</strong>, der da (er kannte seinen Nachbar nicht) hat gesagt, Ihr seit a<br />
Aegersta (Elster). Augenblicklich gerät der Angeklagte in solchen Zorn, dass<br />
er sich mit wütenden Streichen über den Kopf des Anklägers rächte. Er<br />
selbst aber kam ungeschoren da<strong>von</strong>, d.h. ungestraft. Der gute alte Herr<br />
Pfarrer war sehr geduldig u. nachsichtig u. das viele Strafen war nicht seine<br />
Sache. An Knabenstreichen zeigte er meistens kindliche Freude u. lachte<br />
herzlich mit. Er war eine wahre Philipp Neri Natur. Auch bei den<br />
monatlichen allgemeinen Kinderbeichten musste ich die Kinder hüten. Es<br />
dauerte dabei oft lange u. die grössere Zahl war weiter hergekommen u. da<br />
gab es denn Streit, ja hie u. da Püffe u. Schläge vor dem Beichtstuhl, selbst<br />
ohne Bussgeissel. (Aehnliches, nur noch Schlimmeres bekam ich später in<br />
der Liebfrauenkirche in Zürich zu sehen, als wir dort zufällig während der<br />
Kinderbeichte eingetreten waren. Der gute Herr Vikar musste