1933-Erinnerungen von Schwester Cassilda Joos - Burgenverein ...
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die liebe Mutter. "Ich bin eben in meiner Jugend<br />
Seite 172: an Mehlsuppe gewöhnt worden, darum liebe ich sie jetzt noch". Das alles<br />
freute mich sehr u. ich rief aus: " ich auch, ich auch! Wir Kinder mussten am<br />
Abend wenigstens einige Löffel voll geröstete Mehlsuppe essen, bevor wir<br />
die Milch bekamen u. so wurde ich daran gewöhnt u. liebe sie heute noch.<br />
Obschon die liebe Mutter nie direkt da<strong>von</strong> sprach, wenigstens nicht zu uns<br />
Jüngern, so wussten wir doch, dass sie mit vielen finanziellen<br />
Schwirigkeiten zu kämpfen hatte. Als ich noch Novizin war, liess sie mich<br />
gelegentlich einer Vorbeireise <strong>von</strong> Ueberstorf ins Collegium nach Freiburg<br />
rufen. Die liebe Mutter fand, mein Kopf sei zu sehr beschwert mit Haaren,<br />
das sei beim Tragen des Schleiers ungesund, sie wolle mir einen Teil<br />
wegschneiden u. sie tat es. "Ach, wie viele u. schöne Haare", sagte sie, "die<br />
könnte man verkaufen, wir hätten das Geld so bitter nötig". "Ja ich weiss<br />
schon Abnehmer" sagte die lb. Schw. Caritas, die daneben stand. Die liebe<br />
Mutter<br />
Seite 173: besann sich eine Weile u. sagte dann: "Nein, ich will es nicht tun, werfen sie<br />
die Haare ins Feuer". Die lb. <strong>Schwester</strong> Caritas tat es.<br />
Der Bekennerbischof Stephan Marylei wohnte die letzte Zeit seines Lebens,<br />
nachdem er sich vom bischöflichen Amte zurückgezogen hatte, im Hause<br />
der Frl. Marie de Fégely de Vivis. Während des Sommers begab auch er sich<br />
einige Zeit ins Schloss petit Vivis. Als wir ihn einst dort trafen, drückte er<br />
mir frcs. l00.- in die Hand n. sagte leise: Das ist für Sie u. ihren Haushalt.<br />
Ich war ganz erschrocken u. wusste kaum was tun. Lächelnd ermutigte er<br />
mich u. dann nahm ich dankend an. Bei nächster Gelegenheit übergab ich<br />
das Geld freudig der lieben Mutter. Sie rief aus: Wie gut ist Gott gegen uns.<br />
Haben Sie nur immer recht grosses<br />
Seite 174: Vertrauen, er verlässt uns nicht, ich erfahre es so deutlich. Immer war "wo<br />
die Not am grösster Gott am nächsten".<br />
Schon in den ersten Jahren meines Ordenslebens machte ich gleichsam<br />
unbewusst die Beobachtung, dass alle <strong>Schwester</strong>n, die ich kannte, bestrebt<br />
waren der lieben Mutter in ihren Sorgen zu helfen, wie etwa die Kinder einer<br />
braven Familie ihren Eltern. Man sparte, wo es recht u. vernünftigerweise<br />
anging. Man brachte auch Opfer u. freiwillige körperliche Abtötung.