1933-Erinnerungen von Schwester Cassilda Joos - Burgenverein ...
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Seite 111: den Beichtstuhl öfter verlassen um Ordnung zu schaffen, weil keinerlei<br />
Aufsicht da war. Ich musste unwillkürlich an Gurmels denken. Einst, als<br />
junge <strong>Schwester</strong>, kam ich müde u. etwas verstimmt <strong>von</strong> meinem Hüterdienst<br />
nach Hause. Ich stellte mich ans Fenster u. schaute durch die Scheiben, bis<br />
sich die Schüler der obern Gemeinden endlich versammelt hatten, um<br />
gemeinschaftlich nach Hause zu gehen. Der Weg der Schüler <strong>von</strong><br />
Guschelmuth führte neben unserm Garten vorbei. An der Gartenmauer stand<br />
ein Pflaumenbäumchen mit reifen Pflaumen behangen. Die Knaben blieben<br />
stehen, schauten begierlich bald nach dem Bäumchen, bald nach unsern<br />
Fenstern u. schienen Rat zu halten u. sich zu besinnen. Plötzlich wurde das<br />
Bäumchen fest angepackt, heftig geschüttelt, die Pflaumen eingepackt, dann<br />
eiligst Fersengeld genommen u. weiter oben auf der langen Zelg Mahlzeit<br />
gehalten. Ich war ganz empört über eine solche Tat und gerade nach der<br />
Beichte! Nein, traurige Vorsätze! Sofort lief ich zum Herrn Pfarrer u. hoffte,<br />
er werde<br />
Seite 112: jetzt "Feuer vom Himmel regnen lassen". Aber er hatte die Kirche soeben<br />
verlassen u. stand schon im Wohnzimmer mit dem Rücken an die Ofenwand<br />
gelehnt, wie gewöhnlich, wenn er müde war. Ruhig hörte er mir zu, ohne<br />
über meinen Feuereifer u. über meine Rachepredigt ein Wort zu verlieren u.<br />
das machte mich noch ärgerlicher. Schliesslich neigte er sich lächelnd nahe<br />
an mein Ohr u. sagte leise: Machen wir es besser? Jetzt war ich geschlagen<br />
u. verstummte. Ich dachte an meine wöchentlichen Beichten u. Vorsätze,<br />
griff nach der Türklinke u. eilte nach Hause. Der Verlust der Pflaumen war<br />
bald verschmerzt. Ob die Knaben gestraft wurden, weiss ich nicht. Bei ihren<br />
Lehrern habe ich sie nicht verklagt u. auch nicht anderswo. Diesen Vorfall<br />
habe ich nie mehr vergessen, mich aber auch nie mehr so aufgehalten über<br />
die Unzulänglichkeit "guter" Vorsätze. Die feine Lektion, die mir der gute<br />
Herr Pfarrer gab, war mir <strong>von</strong> grossem Nutzen.<br />
(Siehe weiter Heft 4, Nachtrag)<br />
Einst an einem Sommerabend sah uns der Herr Pfarrer, zufällig <strong>von</strong> seiner<br />
Laube aus, etwa verspätet <strong>von</strong> einem<br />
Seite 113: Besuche bei Mitschwestern nach Hause kommen. Des andern Tages machte<br />
er uns tadelnde Bemerkung u. sagte uns in Zukunft sollen wir sorgen, dass