30.10.2012 Aufrufe

Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

● An zentralen Stellen wird die Ebene der Argumentation verlassen und es wird ein<br />

Gleichnis erzählt oder ein (im Bedarfsfall von <strong>Platon</strong> neu erfundener) Mythos wird<br />

vorgetragen (siehe z.B. Höhlengleichnis oder Politikos-Mythos).<br />

● <strong>Platon</strong> gibt sich häufig als Dichter/Dramatiker, der von seinem Leser erwartet, dass<br />

er kleinen Hinweisen zu folgen vermag, um sich „tiefere“ Bedeutungsschichten des<br />

Textes zu erschließen, bzw. den Text auch zwischen den Zeilen lesen kann.<br />

Das schlägt sich in einer unüberschaubaren Vielzahl einander widersprechender <strong>Platon</strong><br />

Interpretationen nieder. 53 Ein Leser, der auf klare und prägnante Texte hofft, wird an den<br />

Ausführungen des platonischen SOKRATES nur wenig Freude haben. <strong>Platon</strong> war aber doch<br />

ein Verehrer der <strong>Mathematik</strong> und als solcher sicherlich mit der Deutlichkeit<br />

mathematischer Sätze und Beweise vertraut. Wenn <strong>Platon</strong> von der <strong>Mathematik</strong> fasziniert<br />

war, warum dann die Undeutlichkeiten des platonischen SOKRATES?<br />

Hier kann man natürlich einwenden, dass <strong>Philosophie</strong> keine <strong>Mathematik</strong> ist. Das ist schon<br />

richtig. Richtig ist auch, dass <strong>Platon</strong> in seinem Denkstil entscheidend durch Sokrates<br />

geprägt wurde und dass dieser keine Kultur der systematischen schriftlichen Erörterung<br />

lehrte, sondern nur das Gespräch, eben den Dialog. Richtig ist weiterhin, dass die antiken<br />

Philosophen Heraklit wie Parmenides, 54 mit denen sich <strong>Platon</strong> intensiv auseinandersetzte,<br />

ebenfalls keine klaren Traktate verfasst haben. Aus den wenigen Fragmenten, die uns von<br />

den beiden überliefert wurden, kann man sogar schließen, dass diese beiden ihre<br />

<strong>Philosophie</strong> noch mehr in Dunkel hüllten, als <strong>Platon</strong> es tat. Parmenides kann dabei als<br />

Erfinder des philosophischen Trugschlusses gelten, Heraklit trägt von Alters her den<br />

Beinamen Der Dunkle.<br />

Hat <strong>Platon</strong> also schon allein deswegen keine systematischen Traktate verfasst, weil ihm<br />

diese Art der Darstellung einfach nicht in den Sinn kam? Diese Annahme ist weniger<br />

plausibel, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Es kann <strong>Platon</strong> nämlich kaum<br />

entgangen sein, dass sein Freund Aristoteles einen sehr viel systematischeren und – im<br />

Vergleich zu den Dialogen – auch klareren Stil des <strong>Philosophie</strong>rens beherrschte. Hat<br />

<strong>Platon</strong> besondere Gründe, die ihn davon abhalten in seinen Publikumsschriften ähnlich<br />

systematisch vorzugehen, wie sein Freund Aristoteles in den sogenannten Pragmatien?<br />

Es gibt auf diese Frage verschiedene mögliche Antworten. Einige davon will ich vorstellen:<br />

● <strong>Platon</strong> will den Leser gar nicht mit einer bereits ausgearbeiteten <strong>Philosophie</strong><br />

beglücken, sondern ihm nur ein paar Fingerzeige geben, die ihn zum eigenen<br />

philosophischen Nachdenken anregen sollen. Die Dialoge waren demnach mehr als<br />

Denkanstöße gedacht und dienten gar nicht vorrangig dem Ziel, <strong>Platon</strong>s<br />

<strong>Philosophie</strong> möglichst klar und überzeugend darzustellen. 55<br />

● <strong>Platon</strong> wendet sich mit seinen für die Öffentlichkeit bestimmten Schriften an ein<br />

philosophisch nicht besonders vorgebildetes Publikum und muss auf deren<br />

begrenzte Auffassungsgabe Rücksicht nehmen. Er kann seine Argumente gar nicht<br />

in voller Schärfe und Deutlichkeit entwickeln, weil er damit sein Publikum<br />

überfordern würde und er dessen Aufmerksamkeit verlöre. 56 (Auch Aristoteles hat<br />

neben den systematisch gestalteten Schriften - den Pragmatien - Dialoge für das<br />

allgemeine Publikum verfasst. Er hat deutlich zwischen systematischer Behandlung<br />

53 Wenn man sich bemüht einen knappen wie informativen Einführungstext zu schreiben, ist das ungeheuer lästig.<br />

54 Beide (Heraklit wie Parmenides) sind bedeutende Vorsokratiker. Zu Heraklit siehe Von Thales bis Heraklit unter<br />

www.antike-griechische.de/Vorsokratik-1.pdf, zu Parmenides siehe Von Xenophanes bis Demokrit unter<br />

www.antike-griechische.de/Vorsokratik-2.pdf<br />

55 Manche modernen <strong>Platon</strong> Einführungen bevorzugen diese Sichtweise.<br />

56 <strong>Platon</strong> wäre demnach in etwa in der Situation wie Hawkings beim Abfassen seines Bestsellers Eine kurze<br />

Geschichte der Zeit. Der Versuch, aus diesem Buch die Stringtheorie mit all ihren Subtilitäten herauszudestillieren,<br />

wäre offensichtlich kein besonders aussichtsreiches Unterfangen. Überstrapaziert die <strong>Platon</strong> Exegese die Dialoge in<br />

analoger Weise?<br />

-25-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!