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Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

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SOKRATES ist mit seiner zynischen Fortpflanzungspolitik aber noch nicht am Ende. Er weiß<br />

sich noch zu steigern.<br />

● Die Kinder der Wächter sollen nicht in familiärer sondern in staatlicher Obhut<br />

aufwachsen. Die biologische Elternschaft soll dabei vertuscht werden. Zusätzlich<br />

soll eine Säuglings-Selektion stattfinden.<br />

SOKRATES: Und alle Kinder, die geboren werden, nehmen die dazu bestellten<br />

Behörden an sich, (...)<br />

GLAUKON: Ja.<br />

SOKRATES: Die ihnen so übergebenen Kinder der Tüchtigen nun werden sie,<br />

denke ich, in ein Sammelhaus bringen zu bestimmten Wärterinnen, die<br />

abgesondert wohnen in einem bestimmten Teile der Stadt, die der<br />

Schlechteren aber, und was mißgestaltet zur Welt kommt, werden sie in einem<br />

unzugänglichen und unbekannten Ort verbergen, wie es sich gehört.<br />

GLAUKON: Nur so allerdings kann das Geschlecht der Wächter rein erhalten<br />

werden.<br />

SOKRATES: Diese werden auch für Nahrung sorgen, indem sie die Mütter in den<br />

Hegeraum bringen, wenn sie volle Brüste haben, wobei sie auf jede Weise<br />

darauf bedacht sind, daß keine ihr Kind erkennt; (...) (Der Staat; St. 460) 142<br />

Wenn ich solche Passagen lese, frage ich mich immer, wie angeblich gebildete<br />

Humanisten es fertig bringen, den Vorwurf des Totalitarismus mit dem Gestus der<br />

Empörung und als grobe Fehlinterpretation zurückzuweisen. Fehlen in deren Politeia<br />

ein paar Seiten? So ungefähr ein Drittel des Buchs?<br />

Für den platonischen SOKRATES ist die spezielle Behandlung, die er für die Wächter<br />

eingeplant hat, aber auf jeden Fall ein Herzstück seiner Utopie:<br />

SOKRATES: Als Ursache des größten Heiles für den Staat hat sich uns die Kinder-<br />

und Weibergemeinschaft bei den Schützern erwiesen.<br />

(Der Staat; St. 464) 143<br />

Lug und Trug in Kallipolis<br />

● Obwohl <strong>Platon</strong> die Philosophen gerne als die Wahrheitsliebenden charakterisiert,<br />

wird den philosophisch erleuchteten Regenten von Kallipolis ganz allgemein das<br />

Privileg auf Lug und Trug eingeräumt.<br />

SOKRATES: Aber auch die Wahrheit muß besonders hoch gehalten werden. Denn<br />

wenn unsere frühere Behauptung richtig war, wenn also tatsächlich für Götter<br />

die Lüge unnütz, für die Menschen aber nützlich ist als eine Art Arznei, so ist<br />

klar, daß ein derartiges Mittel in die Hand der Ärzte zu legen, der Berührung<br />

der Laien aber zu entziehen ist.<br />

ADEIMANTOS: Allerdings.<br />

SOKRATES: Den Regenten der Stadt also, wenn überhaupt irgend jemandem,<br />

kommt es zu zum Nutzen der Stadt die Unwahrheit zu sagen, kein anderer<br />

aber darf sich damit befassen, sondern wenn ein Laie derartigen Regenten<br />

nicht die Wahrheit sagt, so werden wir das für eine ebenso große oder noch<br />

größere Verfehlung erklären als wenn ein Kranker dem Arzt oder ein<br />

Turnschüler dem Turnmeister über seinen körperlichen Zustand nicht die<br />

Wahrheit sagt, oder als wenn einer dem Steuermann über das Schiff und die<br />

Schiffsleute falsche Auskunft gibt, wie es mit ihm selbst oder einem<br />

Mitfahrenden stehe. (Staat; St. 389) 144<br />

142 <strong>Platon</strong>: Sämtliche Dialoge. Bd V. Übersetzt von Otto Apelt. Hamburg: Meiner Verlag 1988. S. 192f<br />

143 <strong>Platon</strong>: Sämtliche Dialoge. Bd V. Übersetzt von Otto Apelt. Hamburg: Meiner Verlag 1988. S. 198<br />

144 <strong>Platon</strong>: Sämtliche Dialoge. Bd V. Übersetzt von Otto Apelt. Hamburg: Meiner Verlag 1988. S. 91<br />

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