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Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

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Die Ideenlehre in Stichpunkten<br />

Die hier angebotene Zusammenfassung der Ideenlehre in Stichpunkten unterschlägt die<br />

vom platonischen SOKRATES (beinahe routinemäßig) formulierten Vorbehalte gegen eine<br />

restlos eindeutige Vertretung der von ihm vorgetragenen Positionen. Zudem werden<br />

mehrere kleinere Widersprüchlichkeiten in den Äußerungen des platonischen SOKRATES<br />

zugunsten einer eindeutig formulierbaren Position vernachlässigt. Bei Letzterem orientiere<br />

ich mich weitgehend an den allgemeinen Standards zur Wiedergabe der Ideenlehre. Auch<br />

wenn sich durchaus die Frage stellt, ob und inwieweit <strong>Platon</strong> ein Anhänger der Ideenlehre<br />

war (s. nächster Abschnitt), so ist die Ideenlehre doch mittlerweile ein eigenständig<br />

tradiertes Kulturgut geworden und es gibt so etwas wie einen allgemein akzeptierten<br />

Standard. Also, einmal Ideenlehre in Stichpunkten:<br />

● Jenseits der uns sinnlich erfahrbaren Welt existiert eine Welt der unveränderlichen<br />

wie ewigen Ideen.<br />

Egal, für welch zweifelhafte philosophische und/oder politische Projekte <strong>Platon</strong> diese<br />

Annahme in seinen Schriften verwendet, unter seinen wahrlich zahlreichen intellektuellen<br />

Innovationen ist dies die mit Abstand wichtigste. Er hat damit die Tür zum<br />

metaphysischen Denken weit aufgestoßen. Die Ideen sind nämlich weder Bestandteil der<br />

physischen Welt, noch Teil einer religiösen Mythologie. Das Wörtchen existiert wird von<br />

seiner traditionellen Anbindung an die sinnlich erfahrbare Welt bzw. religiös mythologische<br />

Welt befreit. Ab <strong>Platon</strong> kann man Gegenstände des Denkens als existent bezeichnen.<br />

Dieses Mehr an Freiheit beim Aufstellen von Existenzbehauptungen wurde von vielen<br />

Denkern nach <strong>Platon</strong> und auch deutlich abseits der Konzepte der Ideenlehre weidlich<br />

genutzt. Das ist auch keineswegs nur für die idealistische <strong>Philosophie</strong> von entscheidender<br />

ideengeschichtlicher Bedeutung. Metaphysisches Denken, ein Denken von Objekten /<br />

Entitäten, die jenseits der sinnlich erfahrbaren Welt existieren, ist in vielerlei Hinsicht eine<br />

wesentliche Bereicherung der Geisteskultur.<br />

Auch und gerade die <strong>Mathematik</strong> ist gern durch diese Tür gegangen. Wahrscheinlich war<br />

<strong>Platon</strong> nicht zuletzt deswegen bei <strong>Mathematik</strong>ern so beliebt, weil er ihnen eine Möglichkeit<br />

zur Neudeutung der <strong>Mathematik</strong> eröffnet hat. In der euklidischen Geometrie existieren<br />

pythagoreische Dreiecke mit a² + b² = c², aber es existiert kein Dreieck mit einer<br />

Winkelsumme ungleich 180°. Existenzaussagen, die sich beide offensichtlich nicht auf die<br />

sinnlich erfahrbare Welt beziehen. Mit der <strong>Mathematik</strong> sind auch die mathematisierten<br />

Wissenschaften auf diese Befreiung des Wörtchens existiert angewiesen. Newton hat<br />

seine Mechanik in der Philosophiae Naturalis Principia Mathematica mit Hilfe von<br />

(stillschweigenden) Existenzannahmen bezüglich geometrischer Objekte formuliert. In<br />

einer modernen Reformulierung seiner Partikelmechanik benutzen wir stattdessen gern<br />

die Voraussetzung von der Existenz zweifach (stetig) differenzierbarer Funktionen der<br />

Zeit. Ohne diese oder vergleichbare Annahmen wird eine konsistente Formulierung einer<br />

vollwertigen, klassischen Partikelmechanik sehr schwierig (vielleicht sogar unmöglich).<br />

Die Logik beschäftigt sich nicht mit den der sinnlich erfahrbaren Welt zurechenbaren<br />

Äußerungen oder Vorkommnissen von Sätzen, sondern mit Aussagen im Sinne von<br />

Propositionen. Wiederum Objekte, die außerhalb unserer sinnlich erfahrbaren Welt<br />

existieren. Überhaupt beinahe jede ernstzunehmende philosophische Konzeption (nach<br />

<strong>Platon</strong>) landet früher oder später bei metaphysischem Denken. Und das ist bei Leibe<br />

keinesfalls immer ein Anzeichen einer übertriebenen Anfälligkeit für idealistisches Denken.<br />

Ein Mann wie Karl Popper, idealistischer Anwandlungen nun wohl wirklich gänzlich unverdächtig,<br />

hat eine Drei Welten Theorie formuliert. Eine der drei Welten können wir mit der<br />

sinnlich erfahrbaren, physikalischen Welt identifizieren, eine zweite ist eng mit ihr<br />

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