30.10.2012 Aufrufe

Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Aus dem Grunde läßt ja auch <strong>Platon</strong> Stoff und Raum dasselbe sein in seinem<br />

„Timaios“. (ist doch nach ihm) das „Teilhabefähige“ und der Raum ein und<br />

dasselbe. Freilich meint er zwar dort „teilhabefähig“ in einem anderen Sinne<br />

als in den sogenannten „Ungeschriebenen Lehrsätzen“, gleichwohl bestimmte<br />

er „Ort“ und „Raum“ als dasselbe. (Aristoteles: Physik. Buch IV, 209b) 124<br />

Entscheidend an diesem Zitat ist die Bezugnahme auf <strong>Platon</strong>s Ungeschriebene Lehrsätze.<br />

Dass Aristoteles hier deutlich zwischen dem veröffentlichten Timaios und den<br />

Ungeschriebenen Lehrsätzen unterscheidet, deutet doch sehr daraufhin, dass <strong>Platon</strong> auch<br />

seinerseits deutlich zwischen dem unterschieden hat, was er in seinen Dialogen<br />

veröffentlichte und dem, was er im Kreise der Akademie vertrat.<br />

Andererseits kann man das Aristoteles Zitat aber auch zur Stützung der Vermutung<br />

heranziehen, dass der Unterschied zwischen Veröffentlichtem und Geglaubtem bei <strong>Platon</strong><br />

vielleicht doch nicht ganz so groß war, wie es die Stellen im siebenten Brief anklingen<br />

lassen. Zwar wird das Wort „teilhabefähig“ im Timaios in einem anderen Sinn benutzt, als<br />

in den Ungeschriebenen Lehrsätzen, aber die philosophischen Bestimmungen zu „Ort“<br />

und „Raum“ sind nach Aristoteles dann doch wieder dieselben.<br />

Aristoteles hat ca. 20 Jahre an der Akademie verbracht und war lange Zeit mit <strong>Platon</strong> eng<br />

befreundet. Wenn also jemand (jenseits des siebenten Briefs) als Quelle zur esoterischen<br />

Seite <strong>Platon</strong>s in Betracht kommt, dann Aristoteles. Wenn man die Ausführungen des<br />

Aristoteles zu <strong>Platon</strong> liest, dann wird man nicht mit einer uns gänzlich fremden <strong>Philosophie</strong><br />

konfrontiert. Vieles von dem was Aristoteles schildert kennen wir in ganz ähnlicher Form<br />

aus <strong>Platon</strong>s Dialogen. Ein kleines Beispiel:<br />

Und da sich nun Sokrates mit den ethischen Gegenständen beschäftigte und<br />

gar nicht mit der ganzen Natur, in jenen aber das Allgemeine suchte und sein<br />

Nachdenken zuerst auf Definitionen richtete, so brachte dies den <strong>Platon</strong>, der<br />

seine Ansichten aufnahm, zu der Annahme, daß die Definition etwas von dem<br />

Sinnlichen Verschiedenes zu ihrem Gegenstande habe; denn unmöglich könne<br />

es eine allgemeine Definition von irgendeinem sinnlichen Gegenstande geben,<br />

da diese sich in beständiger Veränderung befänden.<br />

Diese Begriffe also nannte er Ideen des Seienden, das Sinnliche aber sei neben<br />

diesen und werde nach ihnen benannt; denn durch die Teilnahme an Ideen<br />

existiere die Vielheit des den Ideen Gleichartigen. Dieser Ausdruck<br />

„Teilnahme“ ist nur ein neues Wort für eine ältere Ansicht; denn die<br />

Pythagoreer behaupten, das Seiende existiere durch die Nachahmung der<br />

Zahlen, <strong>Platon</strong>, mit verändertem Namen, durch Teilnahme.<br />

(Aristoteles: Metaphysik. Buch I, Kap. 6, 987b) 125<br />

Angesichts dieser Faktenlage ist es wohl das Plausibelste davon auszugehen, dass<br />

a) Der siebente Brief authentisch ist;<br />

b) <strong>Platon</strong> über philosophische Überzeugungen verfügte, die keineswegs stets<br />

deckungsgleich mit den Positionen des platonischen SOKRATES in den Dialogen sind;<br />

c) <strong>Platon</strong>s eigene philosophische Überzeugungen den Kernpunkten der Ideenlehre<br />

auch nicht gerade diametral entgegengesetzt waren.<br />

Die in der <strong>Platon</strong> Literatur vorhandenen Versuche, das Delta zwischen platonischem<br />

SOKRATES und <strong>Platon</strong> genauer zu bestimmen und/oder sich an einer Rekonstruktion der<br />

Prinzipienlehre zu versuchen, erachte ich, angesichts der überaus dünnen Quellenlage,<br />

für arg mutig. Auf jeden Fall ist festzuhalten, dass die ideengeschichtlich bedeutenden<br />

Wirkungen nur von <strong>Platon</strong>s Dialogen ausgingen, egal wie <strong>Platon</strong>s eigene, davon (wie<br />

stark?) abweichende, <strong>Philosophie</strong> aussah.<br />

124 Aristoteles: Philosophische Schriften. Bd 6. Übersetzt von Hans Günter Zekl. Hamburg: Meiner Verlag 1995. S. 77<br />

125 Aristoteles: Metaphysik. Übersetzt von Hermann Bonitz. Hamburg: Rowohlt 1994. S. 53f<br />

-69-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!