Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike
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stattfinden, sondern man soll sich mit dem begnügen, was der Landbau bringt<br />
und einträgt, und auch diesen soll man nur so weit betreiben, als der Betrieb<br />
einen nicht in die Lage bringt, dasjenige vernachlässigen zu müssen, um<br />
dessen willen die Habe da ist. Das aber sind Seele und Leib, die ohne<br />
Gymnastik und sonstige Ausbildung so gut wie keinen Wert erlangen können.<br />
(...) (Nomoi 743de) In der Tat zieht sich die Warnung vor Reichtum und jeder<br />
Mehrung des materiellen Wohlstandes beinahe leitmotivisch durch die<br />
Gesetzesvorschriften. 150<br />
Diesmal wird auf das Mittel einer möglichst umfassenden gesetzlichen Regelung nahezu<br />
aller Lebensbereiche gesetzt. Es gilt dabei der Grundsatz:<br />
Unbewacht soll womöglich nichts bleiben. (Die Gesetze; St. 760) 151<br />
Die Gesetze bestehen in ihrem Hauptteil aus einer umfangreichen<br />
Gesetzessammlung für eine neu zu gründende Polis (Magnesia; NF). Allein die<br />
Bestimmungen über das Strafrecht sind so umfangreich wie das gesamte<br />
Symposion oder der Phaidon. 152<br />
Man darf sich nicht dem Irrtum hingeben, dass die Bürger von Magnesia frei in der Wahl<br />
ihrer Gesetze wären:<br />
Wie sieht nun <strong>Platon</strong>s Herrschaft der Gesetze aus? Seine Konzeption kann man<br />
so charakterisieren: Die Gesetze des Staates liegen fest und dürfen nur in<br />
Details ergänzt und angepaßt werden. Daher fehlt eine Legislative, ja die<br />
Kolonisten müssen nicht einmal bei der Staatsgründung dem Gesetzeswerk<br />
zustimmen; es wird ihnen vielmehr aufoktroyiert. Eine Prozedur für<br />
notwendige Gesetzesänderungen wird nicht bestimmt. 153<br />
Eine kurze Aufzählung einiger der Themen, die in Magnesia durch Vorschriften geregelt<br />
werden sollen, kann vielleicht einen Eindruck vom Regelungswahn, der dieser Utopie zu<br />
Grunde liegt, vermitteln:<br />
1. Anzahl der Gäste bei Hochzeitsfeiern;<br />
2. Kosten der Totenfeier (sowie Verbot öffentlicher Wehklagen);<br />
3. Anzahl der Feste zur Ehrung der Götter;<br />
4. Tonarten;<br />
5. Kein Komödiendichter darf Mitbürger der Lächerlichkeit preisgeben;<br />
6. Menge des Weinkonsums (mit Altersstaffelung – Vollrausch ist erst ab dem 40.<br />
Lebensjahr erlaubt);<br />
7. ‚Auslandsreisen‘ (genehmigungspflichtig – erst ab dem 40. Lebensjahr erlaubt).<br />
Daneben werden aber auch einige einer Utopie etwas angemessenere Probleme geregelt.<br />
Verstöße gegen die Gesetze und Vorschriften werden grundsätzlich sanktioniert. Als<br />
Strafen werden je nach Delikt Geldstrafen, körperliche Züchtigungen (Schläge),<br />
Gefängnisstrafen, Verbannung oder gar die Todesstrafe vorgesehen.<br />
Von einem grundsätzlichem Mangel an Repressionsbereitschaft kann bei <strong>Platon</strong> also nicht<br />
die Rede sein. Zusätzlich erfindet <strong>Platon</strong> in Nomoi noch die Einrichtung der nächtlichen<br />
Versammlung. In der nächtlichen Versammlung treffen sich die besonders staatstreuen<br />
Bürger aus Magnesia, um die Überwachung ihrer Mitbürger zu organisieren und auszuwerten.<br />
So eine Art antike Vorform der Stasi.<br />
ATHENER: (...) Diese Kraft der Dauer muß auch unserem Staat und unserer<br />
Verfassung innewohnen, um nicht nur den Leibern Gesundheit und<br />
Beständigkeit ihrer Kraft zu verleihen, sondern auch die Seelen streng<br />
gesetzlicher Sinnesart; und, was noch mehr bedeuten will: sie soll die<br />
150 U. Neumann: <strong>Platon</strong>. Hamburg: Rowohlt 2006. S. 111 (Hervorhebungen im Text)<br />
151 <strong>Platon</strong>: Sämtliche Dialoge. Bd VII. Übersetzt von Otto Apelt. Hamburg: Meiner Verlag 1988. S. 186<br />
152 M. Bordt: <strong>Platon</strong>. Freiburg im Breisgau: Verlag Herder. S. 146 (Hervorhebungen im Text)<br />
153 F. v. Kutschera: <strong>Platon</strong>s <strong>Philosophie</strong> Bd 3. Paderborn: Mentis Verlag 2002. S. 131f<br />
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