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Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

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Der Einsatz von Gleichnissen bietet <strong>Platon</strong> die Möglichkeit zu einem weiteren rhetorischen<br />

Trick: Statt über die in den Gleichnissen verpackten Inhalte streitig diskutieren zu lassen,<br />

wird im Dialog nur über die Frage der richtigen Interpretation der Gleichnisse gesprochen.<br />

<strong>Platon</strong> lässt den platonischen SOKRATES so ganz geschickt von der Frage der inhaltlichen<br />

Richtigkeit der vorgetragenen Thesen ablenken und ihn stattdessen eine Diskussion über<br />

die Interpretation der Gleichnisse steuern. <strong>Platon</strong> behandelt die von ihm selbst in die Welt<br />

gesetzten Gleichnisse dabei fast so, wie ein Theologe die Gleichnisse des Neuen<br />

Testaments. Die Auslegung der Gleichnisse ersetzt die offene inhaltliche Debatte.<br />

Vor den drei Gleichnissen hatte sich <strong>Platon</strong> nur bis zum Gemeinplatz, dass ein Herrscher<br />

einsichtsvoll sein soll und erkennen können muss, was gut ist, vorgearbeitet. Nach den<br />

drei Gleichnissen sind wir bei einem sehr dezidierten (und in allerlei philosophische Überzeugungen<br />

eingebetteten) Modell einer durch die Idee des Guten erleuchteten Herrschaft<br />

angekommen. Und dies alles, ohne dass uns <strong>Platon</strong> ein einziges überzeugendes<br />

Argument präsentiert hat.<br />

Die These, dass es einem Denker vom Range <strong>Platon</strong>s erlaubt sein müsse seine<br />

Überlegungen doch auch Mal etwas tentativ und in Form von Gleichnissen zu<br />

präsentieren, beeindruckt nicht wirklich. In allen Fragen, in denen es um die im Idealstaat<br />

auszuübende Zensur und Reglementierung des Lebens geht, fehlt nämlich dem selben<br />

Dialog alles Vorsichtige oder Tentative. Selbst das Recht, die eigene Bevölkerung zu<br />

täuschen, wird den von der Idee des Guten erleuchteten Herrschern ohne jede<br />

Zögerlichkeit zugestanden. (Wir werden auf diese Punkte im Abschnitt <strong>Platon</strong>s totalitäre<br />

Staatsutopien noch zu sprechen kommen.)<br />

Leser, die die Gleichnisse gerne selbst bei <strong>Platon</strong> nachlesen wollen, finden diese an<br />

folgenden Stellen im Staat:<br />

● Sonnengleichnis: 507a7 – 509c11<br />

● Liniengleichnis: 509d1 – 511e5<br />

● Höhlengleichnis: 514a1 – 518b5 110<br />

Das Sonnengleichnis<br />

Zur Einführung des Sonnengleichnisses greife ich auf ein Zitat von M. Bordt zurück.<br />

Im ersten Gleichnis (dem Sonnengleichnis; NF) führt <strong>Platon</strong> ein Bild ein, das<br />

grundlegend für alle drei Gleichnisse ist: das Bild der Sonne, mit der die Idee<br />

des Guten verglichen wird. Dafür hebt er vor allem drei Aspekte der Sonne<br />

und des Sonnenlichts hervor. Erstens ist die Sonne dadurch, daß sie Licht<br />

spendet, Ursache dafür, daß wir etwas sehen können. Wenn es kein Licht<br />

gäbe, wäre es unmöglich, etwas zu sehen. Durch das Licht werden die<br />

Gegenstände, die es gibt, für uns erst wahrnehmbar. Zweitens verursacht das<br />

Licht der Sonne nicht nur die Sichtbarkeit der Objekte, sondern ermöglicht<br />

erst unser Sehen. Durch unsere Augen haben wir zwar die Fähigkeit zu sehen,<br />

wir brauchen aber das Licht, damit diese Fähigkeit aktiviert wird. Die Sonne<br />

ist drittens aber nicht nur Grund der Sichtbarkeit und des Sehens, sondern<br />

auch der Grund dafür, daß die Lebewesen auf der Erde wachsen und sich<br />

ernähren können. (...)<br />

So wie die Sonne es durch ihr Licht ermöglicht, Gegenstände wahrnehmbar zu<br />

machen, so ist die Idee des Guten Ursache für die Erkennbarkeit der Dinge,<br />

die durch Denken erkennbar ist. So wie die Sonne zweitens das Sehen<br />

aktiviert, so aktiviert die Idee des Guten das Denken. Drittens ist die Idee des<br />

Guten auch der Grund dafür, daß die Dinge auf der Welt überhaupt das sind,<br />

was sie sind. 111<br />

110 Die Angaben sind für meine Verhältnisse ungewöhnlich präzis. Grund: Ich habe sie aus M. Bordts Buch <strong>Platon</strong><br />

übernommen. Für gewöhnlich sind meine Angaben deutlich ungenauer. Ich erspare mir nämlich gern das Abzählen<br />

von Zeilen. Der Leser möge mir verzeihen.<br />

111 M. Bordt: <strong>Platon</strong>. Freiburg im Breisgau: Verlag Herder. S. 89f<br />

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